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Keine Überprüfung des "Winterthur-Modells" durch den Bundesrat


MEDIENMITTEILUNG

Keine Überprüfung des "Winterthur-Modells" durch den Bundesrat

26. Sep 2003 (EFD) Der Bundesrat lehnt das von der nationalrätlichen
Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N) eingereichte
Postulat ab, das eine Überprüfung des so genannten "Winterthur-Modells"
verlangt. Die Genehmigungen dieses Modells (durch das Bundesamt für
Sozialversicherungen, BSV) und der Tarife (durch das Bundesamt für
Privatversicherungen, BPV) erfolgte gestützt auf das geltende Recht. Eine
Nichtgenehmigung bzw. ein Zurückkommen auf die von den zuständigen
Bundesämtern getroffenen Entscheide wäre rechtlich nicht vertretbar gewesen.
Insbesondere würde die Weiterführung von solvenzgefährdenden Tarifen
langfristig die Leistungsansprüche der Versicherten gefährden. Weil zudem
Modell und Tarif nicht missbräuchlich sind, bestand für die
Versicherungsgesellschaft ein Genehmigungsanspruch.

Das vom BSV gestützt auf die Rechtslage genehmigte "Winterthur-Modell"
erlaubt es der Versicherungsgesellschaft, die Sammelstiftung für die zweite
Säule auszugliedern. Die Tarifgrundlagen für den überobligatorischen Bereich
und der gegenüber dem obligatorischen Bereich tiefere
Mindest-Umwandlungssatz wurden in der Folge vom BPV genehmigt.

Die Zahlen zum Entscheid

Nachdem das BSV der "Winterthur" die Genehmigung zur Führung einer
teilautonomen Stiftung erteilt hatte, war es am BPV, die Tarifgrundlagen des
Vertrages zwischen der "Winterthur Lebensversicherung" und der
Sammelstiftung "Winterthur Columna" zu prüfen und allenfalls zu genehmigen.
Das BPV hat am 17. und 18. Juni 2003 die entsprechenden Genehmigungen
erteilt. Die dem Tarif zugrunde liegenden mathematischen und demographischen
Grundlagen werden auch von anderen privaten Lebensversicherern in der
Schweiz seit 8 Jahren verwendet. Sie berücksichtigen zukünftige für die
Lebenserwartung relevante Trends und entsprechen den gesetzlichen
Genehmigungs-Kriterien sowie internationalen mathematischen Standards. Die
genehmigte Reduktion des Umwandlungssatzes auf 5.835% bei den Männern (Alter
65) und 5.454% bei den Frauen (Alter 62) betrifft ausschliesslich Renten im
überobligatorischen Bereich. Die neuen Umwandlungssätze basieren auf einem
langfristig garantierten Zins von 3,5% was von Anlagespezialisten als immer
noch sehr hoch angesehen wird. Im Obligatorium gilt nach wie vor der
gesetzliche Umwandlungssatz von 7,2%. Entsprechende Senkungen des
Umwandlungssatzes wurden auch für die "Zürich Leben" und die "Genfer Leben"
bewilligt, weitere Gesuche sind pendent. Die Versicherungsgesellschaften
haben zugesichert, im Falle gekündigter Verträge die betroffenen
Versicherten zu den neuen Bedingungen wieder aufzunehmen, sofern diese es
wünschen. Damit können "versicherungslose" Zustände vermieden werden.

Wie der Bundesrat festhält, muss das BPV im Genehmigungsverfahren
insbesondere Artikel 20 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) anwenden.
Demnach müssen sich die Tarife "in einem Rahmen halten, der einerseits die
Solvenz der einzelnen Versicherungseinrichtungen und andererseits den Schutz
der Versicherten vor Missbräuchen gewährleistet." Innerhalb dieses Rahmens -
so der Bundesrat weiter - ist der Versicherer bei der Tarifgestaltung frei
und hat einen Genehmigungsanspruch, d.h. das BPV muss diesfalls die
Genehmigung erteilen. Missbrauch liege z.B. beim Heranziehen falscher
Statistiken, Berechnungen und mathematischer Modelle vor. Über die Solvenz-
und Missbrauchsprüfung hinaus habe das BPV keine weiteren
Prüfungsbefugnisse - es dürfe also weder die Angemessenheit noch
sozialpolitische Aspekte bewerten. Der Bundesrat erinnert im weiteren daran,
dass er bereits 1976 eine Angemessenheitsprüfung verlangt hatte, dass eine
solche jedoch vom Parlament verworfen wurde. Gegen Verfügungen des BSV kann
bei den gemäss BVG vorgesehenen Instanzen Beschwerde erhoben werden, gegen
Verfügungen des BPV bei der unabhängigen Rekurskommission für die Aufsicht
über die Privatversicherungen. Weil Beschwerden gegen Tarife keine
aufschiebende Wirkung haben, konnten die betreffenden
Versicherungsgesellschaften die Genehmigungen bereits umsetzen.

Überschussgarantie

Der Bundesrat lehnt das Postulat der SGK-N ab, das eine Überprüfung der
getroffenen Genehmigungsentscheide des BSV und des BPV auf dem politischen
Weg verlangt. Eine Nicht-Genehmigung bzw. eine nachträgliche politische
Aussetzung der Genehmigungen könnte die Leistungsfähigkeit der
Vorsorgeeinrichtungen gefährden und entweder eine Finanzierungslücke bei
rechtmässig erworbenen Renten oder eine im Gesetz nicht vorgesehene
Subventionierung durch berufsaktive Versicherte bewirken. Eine solche,
gesetzlich nicht gewollte Quersubventionierung würde auch erfolgen, wenn für
die Absenkung des Umwandlungssatzes eine mehrjährige Übergangsfrist gewährt
würde. Nach Auffassung des Bundesrates dürfen die Aufsichtsbehörden im
Interesse der Systemsicherheit keine Tarife und Umwandlungssätze genehmigen,
die den Realitäten der Lebenserwartung und der Kapitalmärkte widersprechen.
Ferner erinnert der Bundesrat daran, dass es sich bei den genehmigten
Umwandlungssätzen um garantierte Mindestwerte handelt, dass also allfällige
Überschüsse den berechtigten Versicherungsnehmern zu Gute kommen müssen. Im
Zuge der Revision des VAG soll dafür eine Quote von bis zu 90 Prozent
vorgesehen werden. Eine entsprechende Beteiligung der Versicherten an
allfälligen Überschüssen ist laut Bundesrat ebenfalls im "Winterthur-Modell"
vorgesehen, wobei die korrekte Verwendung von erzielten Überschüssen, der
Aufsicht durch das BPV unterliege. Die Aufgabe der Aufsichtsbehörden habe
sich auf die Anwendung des geltenden Rechts zu beschränken, hält der
Bundesrat in seinem Beschluss fest. Das gelte auch für bevorstehende
Entscheide. Änderungen am heutigen System seien gegebenenfalls Sache von
Gesetzesrevisionen.

Auskunft: Herbert Lüthy, Bundesamt für Privatversicherungen, Tel.: 031 322
79 28 Manfred Hüsler, Bundesamt für Privatversicherungen, Tel.: 031 324 93
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