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Anaplasmose-Fall vor einem Jahr:

Anaplasmose-Fall vor einem Jahr:
Schweiz rüstet sich für kommende Tierkrankheiten

Die Schweiz muss im Zuge des wachsenden internationalen Handels und der
Klimaerwärmung mit neuen Tierkrankheiten rechnen. Deutlich gemacht hat
das der Anaplasmose-Ausbruch in einem Stall in Chur vor einem Jahr.
Beinahe 300 Kühe mussten damals getötet werden - ein in der Schweiz bis
dahin unbekanntes Ausmass dieser Krankheit. Forschende der Universität
Zürich, des Instituts für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe (IVI)
und des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) klären nun die
Hintergründe des Ausbruches und machen die Schweiz für möglicherweise
kommende Seuchen wie die Blauzungenkrankheit bereit.

Die Diagnose am 26. August vergangenen Jahres überraschte: Die Mehrzahl
der 280 Kühe eines Tierhändlers in Chur waren vom Erreger Anaplasma
marginale befallen. Die Tiere litten an schwerer Blutarmut - zur
Seucheneingrenzung musste der gesamte Bestand getötet werden. Bislang
war die Krankheit in der Schweiz nur von wenigen Einzelfällen bekannt.
Der Anaplasmose-Ausbruch hat mehrere Fragen aufgeworfen: Hatte sich die
Seuche über den Churer Betrieb hinaus verbreitet? Ist gar ein Teil des
gesamten Schweizer Viehs vom Erreger infiziert, der oft keine
Krankheitssymptome auslöst? Nach intensiven Abklärungen geben die
Fachleute des BVET und der Universität Zürich nun Entwarnung: Die
Krankheit war auf den Churer Betrieb beschränkt geblieben. Zudem fanden
die Zürcher Forscher um Prof. Hans Lutz in Blutproben von mehreren
hundert Kühen aus der ganzen Schweiz, dass zumindest über 95 Prozent
der Tiere nie Kontakt mit dem Anaplasmose-Erreger hatten. Um genauere
Aussagen machen zu können, haben die Forscher einen neuen, hochpräzisen
Anaplasmose-Test entwickelt, mit dem sie weitere Proben testen werden.

Nicht restlos geklärt ist die Frage, woher die Anaplasmose-Erreger in
den Churer Betrieb kamen. Mehrere Hinweise deuten auf einen Betrieb im
Puschlav, aus dem der Churer Viehhalter Kühe eingekauft hatte. Diese
Tiere waren besonders früh und heftig erkrankt. Lutz' Team hat nun eine
genetische Analyse gestartet, um die Churer Anaplasmen mit jenen in
Italien, wo die Krankheit im Süden vorkommt, und weltweit zu
vergleichen. Die Forscher erhoffen sich so Aufschluss über die Herkunft
des Erregerstammes.

Schweiz bereitet sich vor auf neue Babesien, Theilerien und
Mycoplasmen...

Neben den Anaplasmen überraschten weitere Krankheitserreger die
Forscher. Im Blut der Churer Kühe entdeckte das Team um Prof. Peter
Deplazes von der Universität Zürich Arten von so genannten Babesien und
Theilerien - Erreger, die bis dahin nur aus Süd- und Osteuropa bekannt
waren. Lutz' Gruppe fand ausserdem einen bei Kühen noch nie
beschriebenen Typ des Bakteriums Mycoplasma, der möglicherweise
Blutarmut auslösen kann. Ob diese Erreger zum Krankheitsbild der Kühe
in Chur beitrugen, ist bislang nicht klar. Die Forscher
charakterisieren nun die Erreger und untersuchen deren Verbreitung in
der Schweiz. Deplazes hat dabei vor allem die Zeckengattung
Haemophysalis im Visier. Babesien brauchen diesen Blutsauger, um von
einem Rind aufs nächste überzugehen. In Zusammenarbeit mit der
Universität Neuenburg sucht Deplazes' Team deshalb in ausgewählten
Regionen der Schweiz nach den Zecken. Solche Studien sollen zeigen, ob
sich die Erreger in der Schweiz überhaupt einnisten könnten.

..und auf die Blauzungenkrankheit

Derselben Frage gehen Forscher vom IVI und vom BVET in Bezug auf die
Blauzungenkrankheit nach, die bislang in keinem einzigen Fall in der
Schweiz aufgetreten ist. Die Virenkrankheit grassiert aber etwa in
Mittel- und Süditalien und breitet sich stetig nordwärts aus. Der
Erreger hat sich bereits in der Toskana in Schafen und Rindern
festgesetzt. Um von einem Tier aufs nächste überzugehen, braucht das
Blauzungenvirus spezielle Überträger: die Mückenarten Culicoides
imicola, obsoletus oder pulicaris. Bis anhin ist nur sehr wenig über
deren Vorkommen in der Schweiz bekannt. Die Forscherin Ariane Cagienard
vom BVET spürt den Insekten mit Lichtfallen nach. Forscher vom IVI und
vom BVET dagegen wollen im Blut von Tausenden von Rindern nach Spuren
einer akuten oder früheren Blauzungenerkrankung suchen. Das Ziel ist
ein Frühwarnsystem für 2004: Ausgewählte Rinder in Regionen, die
voraussichtlich als erste von der Blauzungenkrankheit befallen würden,
sollen dann regelmässig untersucht werden. Damit soll ein allfälliges
Übergreifen der Seuche auf die Schweiz frühzeitig erkannt und
eingedämmt werden.

Ganz allgemein hat sich das BVET zum Ziel gesetzt, die Wachsamkeit
gegenüber neu aufkommenden Krankheiten zu fördern, indem TierärztInnen
und TierhalterInnen über die frühen Krankheitssymptome informiert
werden. Dazu hat das BVET ein leicht verständliches Faltblatt zur
Blauzungenkrankheit mit den wichtigsten Fakten erstellt, das Sie beim
BVET (Frau Pérez, 031 323 58 67, claudia.perez@bvet.admin.ch) kostenlos
bestellen können.

Universität Zürich:
Peter Deplazes, Babesien und Theilerien, 01 / 635 85 02
Regina Hofmann, Anaplasmen und Mycoplasmen, 01 / 635 83 22

IVI:
Christian Griot, Blauzungenkrankheit, 031 / 848 92 11

Kantonstierarzt Graubünden:
Kaspar Jörger, 081 / 257 24 11

Bundesamt für Veterinärwesen:
Katharina Stärk, Monitoring, 031 / 323 95 44
 Marcel Falk, Kommunikation, 031 / 323 84 96