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Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Der Bundesrat verabschiedet die Botschaft zum DNA-Profil-Gesetz

Der Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten und vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz) verabschiedet. Damit verwirklicht er seine im Mai formulierte Absicht, dem Parlament rasch eine formell-gesetzliche Grundlage für den Betrieb des gesamtschweizerisch nutzbaren Informationssystems für die Identifizierung von Personen mittels DNA-Profilen vorzulegen.

Seit dem 1. Juli 2000 betreibt der Bund probeweise ein DNA-Profil-Informationssystem auf der Grundlage einer Verordnung, die bis Ende 2004 befristet ist (Verordnung vom 31. Mai 2000 über das DNA-Profil-Informationssystem, EDNA-V, SR 361.1).

Der Gesetzesentwurf regelt nicht nur die Bearbeitung der DNA-Profile im Informationssystem, sondern das gesamte Verfahren von der Probenahme bis zur Auswertung und Löschung der Profile. Er verwirklicht damit einen Teil des künftigen vereinheitlichten Strafprozessrechts. Der Gesetzesentwurf übernimmt aus dem Vorentwurf des Bundesgesetzes über die genetischen Untersuchungen beim Menschen, der Ende 1998 in die Vernehmlassung geschickt wurde, die Bestimmungen des Abschnitts über die Identifizierung im Strafverfahren.

 

Der "genetische Fingerabdruck" als modernes polizeiliches Instrument

Die Strafverfolgungsbehörden aller Stufen sehen sich mit modernen Kriminalitätsformen konfrontiert, die sich durch hohe Mobilität, vermehrte Spezialisierung, Teamwork und den Einsatz technischer Mittel auszeichnen. Bei der Verfolgung dieser Kriminalitätsformen sind u.a. die rasche Identifizierung von Tätern bzw. Tätergruppen sowie das Erkennen von kriminellen Aktivitäten und von Tatzusammenhängen, welche Kantons- und Landesgrenzen überschreiten, von grosser Bedeutung. Dazu gehört die systematische Auswertung von Spuren, insbesondere auch der biologischen.

Die DNA-Analyse hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument im Dienst der Strafverfolgung entwickelt. Das DNA-Profil oder der sogenannte "genetische Fingerabdruck" stellt im Rahmen der biologischen Spurensicherung und
-auswertung eine zusätzliche Möglichkeit der Täteridentifizierung dar. Wie jüngste Beispiele aus den USA und Grossbritannien zeigen, kann die DNA-Analyse auch einen entscheidenden Beitrag leisten, eine vermutete Täterschaft auszuschliessen.

Im Strafverfahren ist das DNA-Profil insofern zu einem wichtigen Beweismittel geworden, als damit Tatortspuren anhand eines Vergleichs mit dem DNA-Profil einer verdächtigen Person, dem mutmasslichen Täter oder der mutmasslichen Täterin zugerechnet werden können.

 

Gute Erfahrungen im Ausland

Erfahrungen im Ausland (z. B. GB, USA, NL und D) haben gezeigt, dass sich mit der Analyse und dem Vergleich von biologischen Spuren raschere und vermehrte Erfolge bei der Aufklärung komplexer krimineller Tatbestände, bei der Beweisführung im Zusammenhang mit schweren Straftaten und bei der Verhinderung weiterer Straftaten von Serientätern erzielen lassen. Die Identifikation mittels DNA-Profil ergänzt sinnvoll und wirksam die klassischen Ermittlungs- und Identifikationsmethoden wie zum Beispiel den Fingerabdruck (bestehendes automatisches Fingerabdruck-Identifizierungssystem, AFIS).

In denjenigen Staaten, in denen die DNA-Analyse eingesetzt wird und Informationssysteme bestehen, gibt es zwei Grundtypen:

  • In Grossbritannien zum Beispiel wird die DNA-Analyse im ganzen Spektrum der Strafverfolgung eingesetzt und erlaubt, Zusammenhänge zwischen zahlreichen wiederholt und gewerbsmässig begangenen Straftaten zu erkennen, insbesondere auch bei Vermögensdelikten. Sie ist in diesen Staaten ein Instrument der gerichtlichen Polizei.
  • In andern Staaten wie der Niederlande wird die DNA-Analyse sehr restriktiv eingesetzt, um verurteilte Personen bei Rückfalltaten rasch erkennen zu können, zum Beispiel Sexualtäter. Hier erfolgt die Anordnung der DNA-Analyse und die Aufnahme der DNA-Profile in das Informationssystem durch richterlichen Beschluss.

Der Entwurf des Bundesrates wählt einen Mittelweg zwischen den beiden Grundtypen, indem die DNA-Analyse auch bei schweren Vermögensdelikten, die das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung erheblich belasten, eingesetzt werden soll.

Der Gesetzesentwurf sieht die Anordnung durch die Polizei im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung vor. Widersetzt sich eine Person der Probenahme mittels Wangenschleimhautabstrich, muss die Anordnung durch einen Richter oder eine Richterin bestätigt werden. Damit wird die strikte Respektierung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes erreicht. Neben der Polizei können die untersuchenden und urteilenden Justizbehörden die DNA-Analyse veranlassen. Bestimmte heikle Anordnungen (Massenuntersuchungen, invasive Probenahme, Untersuchung weiterer genetischer Daten) können nur richterliche Behörden treffen.

 

Der Entwurf eines DNA-Profil-Gesetzes

Das DNA-Profil-Gesetz gilt für alle bürgerlichen und militärischen Strafverfahren in Bund und Kantonen. Es nimmt deshalb in einem kleinen Ausschnitt die Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vorweg, die erst in einigen Jahren erreicht werden kann.

Neben den Anwendungen in Strafverfahren soll die DNA-Analyse für die Identifizierung von unbekannten und vermissten Personen eingesetzt werden, auch wenn diese Massnahme nicht von Strafverfolgungsbehörden angeordnet wird (z. B. Flugunfalluntersuchungsbehörde).

Beim Probebetrieb des DNA-Profil-Informationssystems hat sich der Bundesrat für einen relativ restriktiven Deliktskatalog entschieden, um ein Mitmachen aller Kantone am Probebetrieb zu ermöglichen. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden die Probenahme zwecks DNA-Analyse als Teil der erkennungsdienstlichen Behandlung betrachten und die DNA-Analyse als polizeiliche Identifizierungsmassnahme einsetzen wollen. Der Bundesrat hat im Gesetzesentwurf deshalb auf einen Deliktskatalog verzichtet. Die DNA-Analyse lässt sich zur Aufklärung eines Verbrechens oder eines Vergehens einsetzen.

 

Bearbeitung im Informationssystem und Datenschutz

In das DNA-Profil-Informationssystem aufgenommen werden DNA-Profile von Personen, die verdächtigt werden, ein Verbrechen oder Vergehen begangen zu haben, oder die wegen eines Verbrechens oder Vergehens zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind. Bei Einstellung des Verfahrens oder Freispruch wird das DNA-Profil aus dem Informationssystem gelöscht. Nach einer Verurteilung können die betroffenen Personen nach bestimmten Fristen einen Anspruch auf Löschung ihres DNA-Profils geltend machen. Diese Fristen werden analog dem Fingerabdrucksystem AFIS festgelegt, sind jedoch teilweise kürzer angesetzt. Die datenschutzrechtlichen Ansprüche auf Auskunft richten sich nach dem Datenschutzgesetz.

Zur Gewährleistung des Datenschutzes werden die DNA-Profile anonymisiert und getrennt von den weiteren Personendaten (inkl. Personalien) bearbeitet. Die Verknüpfung der DNA-Profile mit den weiteren Personendaten, die in einem physisch getrennten Informationssystem bearbeitet werden, erfolgt mittels einer Prozesskontrollnummer. Sie darf ausschliesslich von den für das Gesamtsystem verantwortlichen AFIS-Services im Bundesamt für Polizei vorgenommen werden.

Bern , 9. November 2000

Für weitere Auskünfte:

Martin Keller, Vizedirektor, GS EJPD, Telefon 031 324 48 20