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29.06.2000 Beitrag zur Entschuldung der Entwicklungsländer

MEDIENMITTEILUNG

Beitrag zur Entschuldung der Entwicklungsländer

Der Bundesrat erachtet die Schaffung eines internationalen
Konkursgerichtes als problematisch. Er ist nicht der Auffassung, dass
eine derartige Institution dazu beitragen würde, die Ursachen der
Überschuldung vieler Entwicklungsländer zu beseitigen. Dies hält er in
seiner Stellungnahme zu einer Motion von Nationalrat Christoph Eymann
(Lib./BS) fest und verweist geichzeitig auf seine Bemühungen, zur
Entschuldung der Entwicklungsländer beizutragen.

Christoph Eymann hatte den Bundesrat in seiner Motion eingeladen, sich
gemeinsam mit "like-minded countries“ für die Schaffung von unabhängigen
und transparenten Schiedsverfahren zum Interessenausgleich zwischen
Schuldnerländern und Gläubigern einzusetzen, insbesondere für die
Einrichtung eines internationalen Insolvenzrechts. Zur Begründung führte
der Motionär an, das Fehlen einer unabhängigen Instanz, die bei
Zahlungsunfähigkeit eines Staates im Um- oder Entschuldungsverfahren
einen fairen und transparenten Interessenausgleich zwischen
Schuldnerländern und Gläubigern herbeiführen könnte, wirke sich zulasten
der Bevölkerung des Schuldnerstaates aus. Die meist sehr arme
Bevölkerungsmehrheit überschuldeter Länder erhalte kein Existenzminimum
zur Abdeckung der elementaren Bedürfnisse zuerkannt.

Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme von gestern Mittwoch
einleitend darauf hin, dass die Forderung nach einer unabhängigen
Schiedsgerichtsbarkeit zur Lösung staatlicher Insolvenzfälle seit der
Schuldenkrise der 1980er Jahre wiederholt vorgebracht worden sei. Wohl
hätten sich im nationalen Kontext funktionsfähige Konkursgerichte als
äusserst effektive Institutionen bewährt. Ihre Wirksamkeit beruhe aber
weitgehend darauf, dass die von ihnen gefällten Entscheide durchsetzbar
seien: "Nationale Konkursbehörden haben in der Regel die Möglichkeit,
Vermögenswerte zu beschlagnahmen und diese zur Erfüllung der
Gläubigeransprüche zu veräussern.“ Ausserdem biete sich ihnen die
Möglichkeit, die Führungsorgane von konkursiten Unternehmungen neu zu
bestellen.

Unzumutbarer Eingriff in die Souveränität

Im internationalen Kontext wären analoge Massnahmen laut Bundesrat nicht
denkbar. Denn die damit verbundenen Eingriffe in die Souveränität des
Schuldnerlandes wären nicht zumutbar. Die internationale Gemeinschaft
könne im Fall einer Zahlungsunfähigkeit einzig darauf bestehen, dass das
Schuldnerland mit seinen Gläubigern ein nachhaltiges
Umschuldungsabkommen aushandle.

Der Bundesrat weist auf einen weiteren Unterschied zwischen nationalem
und internationalem Kontext hin: Weil nationales Insolvenzrecht
durchsetzbar sei, hätten Schuldner im Normalfall einen strarken Anreiz,
ihren finanziellen Verpflichtungen so lange wie möglich fristgerecht
nachzukommen. Dies sei im internationalen Kontext nicht immer der Fall.
Dem vom Motionärmonierten  Fehlen eines formellen Schutzes des
Schuldnerstaates stehe der Mangel der Gläubiger an rechtlichen Mitteln
gegenüber, ihre Ansprüche geltend zu machen. Eine solche Konstellation
bringe eine beträchtliche Erhöhung des Risikos mit sich, dass die
Schuldnerländer den externen Schuldendienst einstellen könnten, lang
bevor sie wirklich zahlungsunfähig wären.

Wachstumshindernisse beseitigen

Die Schaffung eines internationalen Konkursgerichtes erachtet der
Bundesrat darum als unzweckmässig. Er betont aber, die internationale
Staatengemeinschaft habe erkannt, dass die Schuldenlast vieler
Entwicklungsländer ein ernsthaftes Wachstumshindernis darstelle, das es
zu beseitigen gelte. Die im Pariser Klub zusammengeschlossenen
westlichen Gläubigerländer gewährten Schuldnerländern bereits seit Ende
der 1980er Jahre Abschläge bei der Umschuldung von bilateralen
Verbindlichkeiten. Zudem ziele die vom Internationalen Währungsfonds
(IWF) und der Weltbank im Jahre 1996 gemeinsam lancierte Initiative
(sogenannte HIPC-Initiative) für die hochverschuldeten armen
Entwicklungsländer auf den Einbezug aller Gläubigerkategorien in den
Schuldenerlass ab. Die Schweiz beteilige sich mit rund 160 Millionen
Franken an den Kosten, die den internationalen Finanzinstitutionen im
Zusammenhang mit der HIPC-Initiative erwachsen würden.

In der HIPC-Initiative sieht der Bundesrat einen erfolgversprechenden
Ansatz, um die Aussenschulden der Entwicklungsländer auf ein tragfähiges
Niveau zu reduzieren und die Bedingungen für ein nachhaltiges Wachstum
zu schaffen. Er wird sich aber in den internationalen
Finanzinstitutionen auch weiterhin für die Belange der hochverschuldeten
Entwicklungsländer einsetzen. Er ist daher bereit, die Motion als
Postulat entgegenzunehmen.

Auskunft: Giorgio Dhima, Eidg. Finanzverwaltung, Tel. 031 322 60 48

Eidg. Finanzdepartement
29.06.2000