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Genetische Untersuchungen im Dienst des Menschen

Pressemitteilung

Genetische Untersuchungen im Dienst des Menschen: Start der
Vernehmlassung

Der Bundesrat hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am
Montag ermächtigt, über den Expertenentwurf eines Bundesgesetzes über
genetische Untersuchungen beim Menschen ein Vernehmlassungsverfahren zu
eröffnen. Der Vorentwurf regelt genetische Untersuchungen in heiklen
Gebieten, nämlich zu medizinischen Zwecken, im Arbeits-, Versicherungs-
und Haftpflichtbereich sowie zum Zweck der Identifizierung. Die
Vernehmlassung dauert bis Ende März 1999.

Schutz vor Diskriminierung
Genetische Untersuchungen haben sich schnell entwickelt. Sie ermöglichen
zunächst die Diagnose bestehender Krankheiten. Ihre Besonderheit besteht
überdies darin, gewisse Krankheiten und Dispositionen festzustellen,
lange bevor Symptome erkennbar sind. Dadurch lassen sich zwar
Krankheitsfolgen lindern oder verhindern. Es entsteht je-doch auch Angst
vor einer diskriminierender Ausgrenzung.
Der Vorentwurf regelt den Zugang zu genetischen Untersuchungen und
schützt vor Missbrauch. Deshalb wird als umfassendes Prinzip
festgehalten: Die Diskriminierung einer Person wegen ihres Erbguts ist
unzulässig.
Eine Bewilligung zur Durchführung genetischer Untersuchungen wird nur
Laboratorien sowie Ärztinnen und Ärzten erteilt. Erforderlich ist auch
die Zustimmung der betroffenen Person.

Keine "Kinder nach Mass"
Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken - einschliesslich
pränatale Untersuchungen und Reihenuntersuchungen - müssen einem
prophylaktischen oder therapeutischen Zweck dienen oder Grundlage für
die Lebensgestaltung bzw. die Familienplanung sein. Sie dürfen nur
ärztlich veranlasst werden.
Pränatale Untersuchungen sind mit gewichtigen juristischen und ethischen
Problemen verbunden, weil sich besonders im Fall einer schweren und
unheilbaren Krankheit die Frage der Abtreibung stellen kann. Die
Untersuchung soll deshalb nur fachärztlich veranlasst und mit
eingeschränkter Zielsetzung durchgeführt werden. Die Diagnostik darf
nicht darauf abzielen, Eigenschaften des Ungeborenen zu ermitteln,
welche die Gesundheit nicht beeinträchtigen, oder aus anderen als
medizinischen Gründen das Geschlecht festzustellen. Es soll keine
"Kinder nach Mass" geben. Pränatale Untersuchungen müssen von einer
nichtdirektiven genetischen Beratung begleitet sein, was die
Entscheidung der Frau erleichtert.

Schutz im Arbeitsbereich
Bei der Begründung oder während der Dauer des Arbeitsverhältnisses darf
der Arbeitgeber weder präsymptomatische Untersuchungen verlangen, noch
genetische Daten verwerten, die aus bereits durchgeführten
Untersuchungen stammen. Ausnahmsweise sollen unter eng umschriebenen
Voraussetzungen präsymptomatische Untersuchungen zulässig sein, wenn der
Arbeitsplatz mit der Gefahr einer Berufskrankheit, einer schweren
Umweltschädigung oder mit ausserordentlichen Unfall- und
Gesundheitsgefahren verbunden ist. Die Untersuchung muss sich auf die
Eignung der betroffenen Person für die vorgesehene Tätigkeit
beschränken. Nur dies wird dem Arbeitgeber mitgeteilt.

Schutz im Versicherungsbereich
Der Vorentwurf schützt die Träger "schlechter" Gene gegen
Diskriminierung im Versicherungsbereich, ohne die Informationssymmetrie
völlig aufzuheben. Versicherungseinrichtungen dürfen von der Person, die
den Antrag stellt, keine präsymptomatische oder pränatale Untersuchung
als Voraussetzung für die Begründung eines Versicherungsverhältnisses
verlangen. Gleiches gilt grundsätzlich in bezug auf die Nachfrage nach
früheren präsymptomatischen oder pränatalen Untersuchungen. Das
zuständige Bundesamt kann jedoch Ausnahmen vorsehen und für bestimmte
nichtobligatorische Versicherungsarten die präsymptomatischen
Untersuchungen festlegen, nach deren Ergebnissen gefragt werden darf.
Die antragstellende Person darf der Versicherungseinrichtung Ergebnisse
aus früheren präsymptomatischen oder pränatalen Untersuchungen nur
mitteilen, wenn sie damit darlegen will, dass sie zu Unrecht in eine
Gruppe mit erhöhtem Risiko eingereiht worden ist.

Haftpflicht
Zum Zweck der Schadensberechnung oder der Schadenersatzbemessung darf
keine präsymptomatische Untersuchung durchgeführt werden. In diesem
Zusammenhang ist auch unzulässig, Ergebnisse aus früheren
präsymptomatischen oder pränatalen Untersuchungen offenzulegen oder zu
verwenden.

Identifizierung von Personen
Genetische Untersuchungen zu Identifizierungszwecken sind in Straf-,
Zivil- oder Verwaltungsverfahren zulässig. Es kann sich z. B. um die
Identifizierung von Tätern bzw. um den Ausschluss eines vermuteten
Täters, den Abstammungsnachweis oder die Identifizierung einer
verstorbenen Person handeln. Nach dem Gesundheitszustand oder anderen
persönlichen Eigenschaften ist grundsätzlich nicht zu forschen.
Ausserhalb eines behördlichen Verfahrens darf eine Untersuchung zu
Identifizierungszwecken nur mit ausdrücklicher Zustimmung der
betroffenen Personen und gestützt auf ein hinreichendes Interesse
durchgeführt werden.

Eidgenössische Kommission für genetische Untersuchungen
Mit Rücksicht auf die rasche Entwicklung der Genetik soll eine
eidgenössische Fachkommission für genetische Untersuchungen beim
Menschen eingesetzt werden. Das Gremium hat insbesondere die Aufgabe,
die wissenschaftliche Entwicklung zu verfolgen, Empfehlungen abzugeben
und Lücken in der Gesetzgebung aufzuzeigen.

28. September 1998

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Für weitere Auskünfte:	Hermann Schmid (031/322 40 87)
Eliane Rossier (031/322 47 83)