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Die wichtigsten Begriffe zur verdeckten Ermittlung

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Die wichtigsten Begriffe zur verdeckten Ermittlung

Verdeckte Ermittlung
Verdeckte Ermittlung ist das Knüpfen von Kontakten zu verdächtigten
Personen. Sie zielt darauf ab, die Begehung einer strafbaren Handlung
festzustellen und zu beweisen, wobei die deliktische Aktivität
vorwiegend passiv untersucht wird. Verdeckte Ermittlerinnen und
Ermittler dürfen sich rollenadäquat verhalten, nicht aber durch eigene
Einflussnahme die Tatbereitschaft wecken oder zu strafbarem Verhalten
verleiten.
Nicht unter den Begriff der verdeckten Ermittlung fällt die Mitwirkung
von Privatpersonen, welche Strafuntersuchungsbehörden mit Informationen
beliefern, selbst dann nicht, wenn diese sogennanten Informantinnen und
Informanten oder "Spitzel" (z. T. werden sie auch V-Leute genannt) für
ihre freiwillige Tätigkeit entschädigt werden. Als verdeckte
Ermittlerinnen und Ermittler können nur Personen mit einem
Arbeitsverhältnis in einem Polizeikorps eingesetzt werden. In der Regel
ist dies eine Person mit Polizeiausbildung, wobei der Begriff "Beamter"
bewusst gewählt wird, um die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu betonen;
dies bedeutet jedoch nicht, dass die Wahl auf eine Amtsdauer erfolgen
muss. In Ausnahmefällen können es nicht polizeilich geschulte Personen
sein, die jedoch in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis stehen, um die
feste Bindung an die Führungsperson und das Polizeikommando zu sichern.
Observation
Observation ist das gezielte Beobachten von Vorgängen an öffentlichen
und allgemein zugänglichen Orten. Bei einer Observation werden oft Bild-
und Tonaufzeichnungen von Vorgängen an öffentlichen und allgemein
zugänglichen Orten gemacht oder Personen und deren Tätigkeiten in
privaten Räumen beobachtet. Sobald dafür technische Überwachungsgeräte
eingesetzt werden, gelangen die gleichen Vorschriften wie für die
Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Artikel 66 - 66quinquies
BStP) zur Anwendung. In diesem Fall ist eine richterliche Genehmigung
erforderlich, damit die Personen, die solche Überwachungsmassnahmen
anordnen oder durchführen, nicht nach den Artikeln 179bis ff. StGB
strafbar sind, weil sie fremde nichtöffentliche Gespräche abhören (Art.
179bis StGB) oder Tatsachen aus dem Geheim- und Privatbereich eines
andern auf einen Bild- oder Tonträger aufnehmen (Art. 179ter und
179quater StGB).
Nicht als Observation gilt das blosse Wahrnehmen von verdächtigen
Handlungen durch Polizeibeamtinnen und -beamte z.B. während ihres
Streifendienstes.
Sowohl eine Observation als auch eine verdeckte Ermittlung soll für die
verdächtigten Personen nicht erkennbar sein. Es geht darum, Beweise für
eine strafbare Handlung zu erlangen. Während bei einer Observation nur
von aussen gezielt beobachtet wird, erfolgt bei einer verdeckten
Ermittlung ein gezieltes Einmischen von dafür eingesetzten
Polizeibeamtinnen und -beamten. Der Einsatz von verdeckten
Ermittlerinnen und Ermittlern wird unter Umständen durch eine
Observation, Telefonüberwachungen oder andere Ermittlungsmassnahmen
vorbereitet, damit aufgrund gewonnener Erkenntnisse entschieden werden
kann, in welchen Personenkreis diese einzuschleusen sind und ob sich ein
Einsatz überhaupt lohnt.
Davon zu unterscheiden ist der Einsatz von Fahnderinnen und Fahndern in
Zivilkleidung. Auch diese können Personen und Vorgänge beobachten, ohne
vorerst ihre Funktion bekanntzugeben. Sie benötigen jedoch keine
Legende, beanspruchen keine Zeugenschutzmassnahmen und stehen unter der
normalen dienstlichen Aufsicht.
Legende
Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler brauchen in der Praxis zumeist
eine Legende: Ihre Identität muss so verändert werden können, dass eine
Legende auch einer Überprüfung z. B. durch kriminelle Organisationen
standhalten kann. Deshalb muss sie schon zu Beginn eines Einsatzes
vorhanden sein und kann nicht erst in Zusammenhang mit einem
Scheingeschäft aufgebaut werden.
In erster Linie kommen dafür "gefälschte echte" Ausweispapiere in Frage.
Oft wird aber auch die Herstellung weiterer Urkunden, z. B.
Kreditkarten, notwendig sein. Die Bundesgesetzgebung soll hier nun den
Kantonen eine Hilfestellung bieten, indem Herstellung und Benutzung
"gefälschter echter" Ausweispapiere mit richterlicher Genehmigung
straflos werden soll. Für die verdeckten Ermittlerinnen und Ermittler
ist das Verwenden der Urkunden straflos zu erklären, nicht jedoch das
Herstellen. Das Ausstellen der Urkunden soll den dazu zuständigen
Personen überlassen werden, z. B. den Passbeamtinnnen und Passbeamten.
Eine richerliche Genehmigung kann nur für das Herstellen oder Verändern
derjenigen Urkunden erteilt werden, die zum Aufbau oder zum
Aufrechterhalten einer Legende unerlässlich sind.
Vertraulichkeitszusage
In der Praxis erfolgen Einsätze von verdeckten Ermittlerinnen und
Ermittlern regelmässig mit Legende und Vertraulichkeitszusage. Eine
erteilte Vertraulichkeitszusage hat zur Folge, dass die Identität von
verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern auch nach Abschluss ihres
Einsatzes geheimgehalten wird und die Preisgabe der Personalien im
Gerichtsverfahren wie auch ihre Aufnahme in die Verfahrensakten
unterbleiben. Die Vertraulichkeitszusage kann auch dazu führen, dass bei
einer notwendigen Gegenüberstellung von beschuldigter Person mit
verdeckt ermittelnden Polizeibeamtinnen und -beamten eine räum-lich
getrennte Einvernahme der verdeckten Ermittlerinnen und Ermittler
erfolgen kann, diese ihr Aussehen und ihre Stimme verändern dürfen oder
vor Gericht die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird.
Die Vertraulichkeitszusage gilt als "Lebensversicherung" für verdeckt
ermittelnde Polizeibeamtinnen und -beamte, welche sich zu einem Einsatz
meist nur bereit erklären, wenn ihnen diese zugesichert wird.
Vertraulichkeitszusagen dürfen aber nicht auf Vorrat erteilt werden. In
Zusammenhang mit der richterlichen Genehmigung wird deshalb geprüft, ob
zureichende Gründe vorliegen, die zur Befürchtung Anlass geben, dass
verdeckt ermittelnden Polizeibeamtinnen und -beamten oder Dritten bei
nachträglichem Bekanntwerden ihrer Personalien schwerwiegende Nachteile
drohen.
Wenn ein Polizeikommando eine Vertraulichkeitszusage erteilt hat, diese
vom urteilenden Gereicht aber nicht anerkannt wurde, führte dies bisher
in der Praxis immer zum Rückzug der verdeckten Ermittlerin oder des
verdeckten Ermittlers als Zeugin resp. als Zeuge. Im neuen Gesetz soll
die Vertraulichkeitszusage nun durch die Genehmigung Verbindlichkeit für
ein eingeleitetes Strafverfahren erhalten.
Führungs- oder Verbindungsperson
Eine Führungsperson, die dem Polizeikommando angehört, welches die
verdeckte Ermittlung angeordnet hat, dient als Verbindung zwischen der
verdeckten Ermittlerin oder dem verdeckten Ermittler und der zuständigen
Strafverfolgungsbehörde. Während eines Einsatzes leitet die
Führungsperson die verdeckte Ermittlung durch laufende Weisungen.
Wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss einer
verdeckten Ermittlung sind eine vorgängige Instruktion über Auftrag und
Befugnisse sowie Informationsaustausch und Führung während des
Einsatzes. Verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler müssen deshalb vor
jedem Einsatz über ihren Auftrag und ihre Befugnisse genau instruiert
werden. Verdeckt ermittelnde Polizeibeamtinnen und -beamte müssen ihren
Führungs- oder Verbindungspersonen, welche nicht notwendigerweise die
direkten Vorgesetzten sind, regelmässig über ihre Tätigkeit und ihre
Feststellungen berichten.
Sobald während eines Gerichtsverfahrens in Zusammenhang mit einer
Vertraulichkeitszusage Schutzmassnahmen getroffen werden, müssen
namentlich bekannte Polizeioffizierinnen oder -offiziere die
Beamteneigenschaft der verdeckten Ermittlerinnen oder Ermittler und
deren Glaubwürdigkeit bezeugen. Diese Personen dürften in der Praxis
identisch sein mit den Führungs- und Verbindungspersonen der verdeckt
ermittelnden Polizeibeamtinnen und -beamten.
Scheingeschäft
Zur Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs werden Kontakte
zu Anbieterinnen und Anbietern von Betäubungsmitteln geknüpft, mit dem
Ziel, strafbare Handlungen zu beweisen. Der Tatentschluss muss aber bei
der betroffenen Person schon vorhanden sein und darf nicht von den
verdeckt ermittelnden Polizeibeamtinnen und -beamten hervorgerufen
werden. Ebenfalls unzulässig ist eine Anstiftung zu einem mengenmässig
wesentlich umfangreicheren Geschäft als ursprünglich geplant.
Ein Scheingeschäft darf nur angebahnt oder abgewickelt werden, wenn
bestimmte Tatsachen den Verdacht auf ein schweres Betäubungsmitteldelikt
begründen, dieses Bezüge zum organisierten Verbrechen aufweist oder auf
andere Weise besonders schwer wiegt. Ebenso gilt die Bedingung, dass
andere Untersuchungshandlungen erfolglos geblieben sind oder die
Ermittlungen ohne verdeckte Ermittlung aussichtslos oder
unverhältnismässig erschwert wären.
Probekauf
In der Praxis werden verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler in der Regel
erst zur Anbahnung und Abwicklung eines Scheingeschäftes im Kilobereich
eingesetzt. Bevor ein solches Geschäft zustandekommt, werden für
Qualitätstests Proben der angebotenen Betäubungsmittel gekauft. Da sich
verdeckt ermittelnde Polizeibeamtinnen und -beamte rollenadäquat
verhalten dürfen, erlaubt der Entwurf den Probekauf.
Vorzeigegeld
Bei der Abwicklung eines Scheingeschäftes wird von verdeckt ermittelnden
Polizeibeamtinnen und -beamten oftmals verlangt, dass sie ihre
Zahlungsfähigkeit dokumentieren. Zu diesem Zwecke müssen die
entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden: das Vorzeigegeld.
Schon bisher hat der Bund den Kantonen Vorzeigegeld zur Verfügung
gestellt; die fehlende gesetzliche Grundlage hat dabei aber zu
Unklarheiten geführt, vor allem bezüglich der Haftung bei Verlust. Der
Vorentwurf sieht vor, dass auf Antrag des verantwortlichen
Polizeikommandos die für Scheingeschäfte benötigten Geldbeträge in der
gewünschten Menge und Art zur Verfügung gestellt werden können. Die
Kantone sollen aber nicht direkt an die Nationalbank gelangen, sondern
ihren Antrag an die Zentralstelle für die Bekämpfung des unerlaubten
Betäubungsmittelverkehrs beim Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) stellen.
Damit der Antrag beurteilt werden kann, ist er mit einer kurzen
Falldarstellung zu ergänzen.

22. Juni 1998

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ-UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst