Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Neues Scheidungsrecht verabschiedet

Pressemitteilung

Neues Scheidungsrecht verabschiedet

Am 26. Juni 1998 haben die Eidgenössischen Räte in der Schlussabstimmung
eine Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) angenommen,
deren Schwergewicht bei der Totalrevision des Scheidungsrechts liegt.
Daneben bringt die Vorlage neue Rechtsgrundlagen im Bereich der
Beurkundung des Personenstands und der Eheschliessung. Wichtige
Neuerungen sind auch im Kindesrecht und bei der
Verwandtenunterstützungspflicht vorgesehen. Schliesslich wird die Ehe-
und Partnerschaftsvermittlung als eigenständiger Vertrag im
Obligationenrecht eingehend gesetzlich geregelt und damit der
Konsumentenschutz stark verbessert.

Inhalt des neuen Scheidungsrechtes
Die neuen Bestimmungen über die Scheidung ersetzen die bisherige
Ordnung, die aus dem Jahre 1912 stammt. Zentral für das neue
Scheidungsrecht ist die Einführung einer Scheidung auf gemeinsames
Begehren, bei der es nicht mehr einen klagenden und einen beklagten
Ehegatten gibt. Ferner soll eine Ehe verschuldensunabhängig geschieden
werden können, wenn die Ehegatten seit mindestens vier Jahren getrennt
leben.
Das Scheidungsfolgerecht sieht vor, dass fortan die während der Ehe
aufgebauten Anwartschaften in der beruflichen Vorsorge unabhängig vom
Güterstand von Gesetzes wegen hälftig geteilt werden. Damit wird die
wirtschaftliche Stellung der geschiedenen Frauen wesentlich verbessert.
Fortan kann das Scheidungsgericht ferner die Familienwohnung, die ein
Ehegatte gemietet hat, dem andern Ehegatten zuteilen, wenn dieser
insbesondere wegen der Kinder darauf angewiesen ist. An Wohneigentum des
andern Ehegatten kann ein befristetes Wohnrecht eingeräumt werden. Ein
nachehelicher Unterhaltsanspruch besteht grundsätzlich unabhängig vom
Verschulden, wenn einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, für den ihm
gebührenden Unterhalt selber aufzukommen. Für die Frage, ob und in
welchem Umfang Unterhaltsbeiträge zuzusprechen sind, sind objektive
Kriterien massgebend wie die Aufgabenteilung während der Ehe, die Dauer
der Ehe, das Alter, die Gesundheit, das Einkommen und Vermögen der
Ehegatten und die noch zu leistende Kinderbetreuung.
Neu kann binnen fünf Jahren eine Erhöhung oder Neufestsetzung der
Unterhaltsbeiträge verlangt werden, wenn bei der Scheidung kein
gebührender Unterhaltsbeitrag festgelegt werden konnte. Zudem können
Unterhaltsbeiträge nachträglich der Teuerung angepasst werden. Besondere
Vollstreckungsmassnahmen sollen die Durchsetzung der Unterhaltspflicht
verbessern, wenn der Unterhaltsschuldner säumig ist. Es handelt sich um
die Inkassohilfe durch die Vormundschaftsbehörden, die Sicherstellung
und die Möglichkeit der Anweisung insbesondere an den Arbeitgeber, die
Unterhaltsbeiträge vom Lohn abzuziehen und direkt dem berechtigten
Ehegatten zu überweisen.

Kindeswohl so gut wie möglich wahren
Ziel der neuen Regelung ist es ferner, das Kindeswohl bestmöglich zu
wahren. Sowohl Scheidungs- wie Konkubinatseltern haben fortan die
Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die elterliche Sorge
(bisher: elterliche Gewalt) gemeinsam auszuüben. Das Besuchsrecht ist
neu als gegenseitiges Recht der Eltern und der Kinder ausgestaltet.
Zudem verbessern spezielle Informations- und Anhörungsrecht die Stellung
eines Elternteils ohne elterliche Sorge. Im Scheidungsverfahren sollen
die Kinder durch das Scheidungsgericht oder eine Drittperson angehört
werden können, soweit nicht wichtige Gründe dagegen sprechen. Ferner
kann vor allem dann, wenn die Eltern stark zerstritten sind, dem Kind
ein Beistand im Scheidungsprozess ernannt werden, der seine Interessen
vertritt.

Inkraftsetzung
Der Bundesrat wird nach Ablauf der Referendumsfrist von 100 Tagen den
Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung des ZGB bestimmen. Eine
sofortige Inkraftsetzung nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist
ist nicht möglich, denn Scheidungen können erst nach dem neuen Recht
ausgesprochen werden, wenn die kantonalen Zivilprozessordnungen
entsprechend angepasst sind. Den Kantonen muss deshalb mindestens ein
Jahr zur Verfügung stehen, damit sie die erforderlichen prozessualen
Bestimmungen erlassen können.

26. Juni 1998

EIDGENOESSISCHES
JUSTIZ-UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations-und Pressedienst

Für weitere Auskünfte:
Ruth Reusser, Stv. Direktorin, Bundesamt für Justiz, Hauptabteilung
Privatrecht, Tel.: 031 322 41 49