Neuausrichtung Tierschutzrecht
PRESSEMITTEILUNG
Neuausrichtung Tierschutzrecht
Das Bundesamt für Veterinärwesen hat für die Erarbeitung von Vorsch
lägen
für
eine Neuausrichtung des Tierschutzrechts eine Arbeitsgruppe eingesetzt.
Diese
wird von Frau Nationalrätin Christiane Langenberger-Jaeger präsidiert
und
setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Schweizerischen
Bauernverbandes (SBV), des Schweizer Tierschutzes (STS), der Vereinigung
der
Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte, der Gesellschaft Schweizer
Tierärzte und der Fédération romande des consommateurs und einem
Vertreter der
Wissenschaft zusammen.
Die Arbeitsgruppe hat den Auftrag, bis zum 30. Juni 1998 Vorschläge zu
einer
Neuausrichtung des Tierschutzrechts mit folgender Zielsetzung zu
erarbeiten:
· Verbesserung und Vereinheitlichung des Vollzugs der
Tierschutzgesetzgebung
· Verstärkung und Förderung der Eigenverantwortung, Information und
Ausbildung
der Tierhaltenden in allen Bereichen.
Dabei sollen vorerst Vorschläge für das Tierschutzgesetz und in einer
zweiten
Phase für die Tierschutzverordnung erarbeitet werden. Die Arbeitsgruppe
kann
auf weitere Fachpersonen zurückgreifen, falls sie dies für notwendig
hält.
Das Bundesamt wird die Öffentlichkeit periodisch über den Fortgang de
r
Arbeiten informieren.
Bern, 9. Oktober 1997
BUNDESAMT FÜR VETERINÄRWESEN
Presse- und Informationsdienst
Auskunft:
Ulrich Kihm, Direktor BVET, Tel.: 031 323 85 01
Heinz K. Müller, Pressesprecher BVET, Tel.: 079 301 73 90
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Beilage: Projekt: Neuausrichtung des schweizerischen Tierschutzrechts
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Projekt: Neuausrichtung des schweizerischen Tierschutzrechts
(Beilage zur Pressemitteilung vom 9. Oktober)
1. Ausgangslage
Gestützt auf Art. 24sexies BV verfügt die Schweiz seit 1978
(Inkrafttreten
1981) über ein Tierschutzgesetz (TSchG; SR 455) sowie seit 1981 über
eine Tier-schutzverordnung (TSchV; SR 455.1). Dem Bund kommt darin die
Rolle zu, für
die einzelnen Tierschutzbereiche Vorschriften zu erlassen, die von den
Kanto-nen zu vollziehen sind, die Oberaufsicht über den Vollzug
auszuüben und
in ein-zelnen Bereichen den direkten Vollzug wahrzunehmen.
Das Tierschutzrecht befindet sich in einem Spannungsfeld grundsätzlich
unter-schiedlicher Ansprüche. Auf der einen Seite verlangen die
Tierhaltenden
und -nutzenden in der Regel möglichst wenig einschränkende Regelungen
,
um den
wirtschaftlichen Nutzen der Tierhaltung und die Forschung - auch im
internatio-nalen Wettbewerb - zu gewährleisten. Auf der anderen Seite
drängen
die Tier-schutzorganisationen nach einer weitgehend durchregulierten
Tierhaltung und -nutzung. Die Kantone ihrerseits wünschen klare,
vollziehbare
Bestimmungen.
Die bisherige Entwicklung des schweizerischen Tierschutzrechts hat viele
Anlie-gen der Tierschutzorganisationen, aber auch anderer Kreise
aufgenommen
und in verschiedenen Revisionsprojekten, zuletzt in der Revision der
TSchV vom
14. Mai 1997 (AS 1997 1121), neue Regelungen eingeführt und bisherige
Regelun-gen verschärft. Die schweizerische Tierschutzgesetzgebung hat
damit im
inter-nationalen Vergleich ein hohes Niveau erreicht.
2. Das geltende Tierschutzrecht und sein Vollzug
Das TSchG ermächtigt den Bundesrat namentlich, verbindliche Vorschrifte
n
zu
erlassen über
· das Halten von Tieren;
· Verbote von Haltungsarten;
· die Tierversuche;
· den Tierhandel;
· die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Tieren und Tierprodukten;
· die Tiertransporte;
· die Betäubungspflicht bei Eingriffen;
· Übergangsfristen;
· Vollzugsregeln.
Diese Rechtsetzungsbefugnis wurde in der TSchV sowie in Richtlinien des
BVET
umgesetzt. Darüber hinaus hat das BVET auch in Broschüren, Kampagnen,
In-formationsveranstaltungen und Vorträgen die Anliegen der
Tierschutzgesetzge-bung verbreitet. Die Vorschriften richten sich
weitgehend
direkt an die Vollzugs-organe, an die Tierhaltenden und -nutzenden sowie
die
Forschenden. Der Vollzug der Vorschriften obliegt den Kantonen.
3. Kritik am bisherigen System
Es ist unbestritten, dass seit der Einführung des schweizerischen
Tierschutz-rechts grosse Fortschritte in der Tierhaltung und -nutzung
erzielt
worden sind.
Die Revision der Tierschutzverordnung vom 14. Mai 1997 hat in
verschiedenen
Bereichen Verbesserungen gebracht. Das in der EU geltende
Anforderungsniveau
wird auch in der Schweiz im allgemeinen eingehalten, teilweise gar
übertroffen.
Hingegen befriedigt die heutige Situation beim Vollzug der
Tierschutzgesetzge-bung nicht, insbesondere weil die Grenzen der
staatlichen
Regelungsdichte er-reicht sind. Bereits 1993 hat die
Geschäftsprüfungskommission in ihrem Bericht „Vollzugsprobleme im
Tierschutz"
(93.082; BBl 1994 I 618) u.a eine Hinwendung zur Motivationsverstärkung
und
Eigenverantwortung durch Information und Aus-bildung der Tierhaltenden,
daneben
auch eine Ergänzung der Tierschutzverord-nung in bestimmten Bereichen
verlangt.
4. Ziele einer Neuausrichtung der Tierschutzgesetzgebung
4.1. Mit einer Neuausrichtung werden folgende Ziele angestrebt:
· Verbesserung und Vereinheitlichung des Vollzugs der
Tierschutzge-setzgebung;
· Verstärkung und Förderung der Eigenverantwortung, Information und
Aus-
und Weiterbildung der Tierhaltenden in allen Bereichen.
5. Möglichkeiten zur Umsetzung
5.1. Das schweizerische Tierschutzrecht ist vermehrt auf die
Verbesserung
des Vollzugs auszurichten. Die kantonalen Vollzugsstrukturen sind heute
verschieden ausgestaltet und geregelt. Sie sollten vereinheitlicht und
damit
gestärkt werden.
5.2. Durch die Verbesserung der Ausbildung und Information der
Tierhaltenden
soll deren Eigenverantwortung für das Wohlbefinden ihrer Tiere gestär
kt
werden.
Durch die Stärkung der Eigenverantwortung würde die Motivation der
Tierhaltenden verbessert, das Wohlergehen ihrer Tiere ins Zentrum zu
stellen
und dadurch den staatlichen Gesetzgebungsvollzug zu entlasten. Dabei
können die
vier Bereiche der Tierhaltung (Nutztiere, Heimtiere, Wildtiere,
Versuchstiere)
den gleichen Grundnormen unter-worfen werden. Diese finden sich
gegenwärtig im
allgemeinen Teil des Tierschutzgesetzes. Hinzu kämen spezifische
Vorschriften,
die den Ei-genheiten jedes Bereiches zu entsprechen hätten, insbesonder
e
auch
hinsichtlich des Vollzugs. Durch eine permanente Aus- und Weiterbildung
in
diesen vier Bereichen liesse sich der Aufwand für die Kontrolle
vermindern.
Dazu sollte aber die Aus- und Weiterbildung zusammen mit der
In-formation
gesetzlich verankert werden.
5.3. Im Bereich der Nutztierhaltung geht es darum, sicherzustellen, dass
das
geltende Recht auch vollzogen wird. Neue Möglichkeiten, wie z.B. die
Einführung
eines Anerkennungsverfahrens für Betriebe müssten ge-prüft werden.
Eine
paritätische Kommission könnte die kantonalen Voll-zugsorgane
unterstützen und
dazu beitragen, dass sämtliche Staatsbei-träge an Tierhaltungen nur n
och
ausgerichtet werden, wenn die Tiere art-gerecht gehalten werden. Der
Aufgabenbereich dieser Kommission liesse sich auch auf andere Bereiche,
wie
z.B. die Erfüllung der Umweltschutz- oder Gewässerschutzgesetzgebung
ausdehnen.
Die Gültigkeit der Aner-kennung der Betriebe für eine bestimmte Zeit
würde eine
gewisse Investi-tionssicherheit fördern.
5.4. Zusätzliche Regelungen im Bereich Heimtiere stehen zur Zeit nicht
im
Vordergrund. Eine permanente Information der Heimtierhaltenden ist aber
notwendig. Denkbar wären auch Zielvereinbarungen mit den Tierhaltenden
beispielsweise über den Umgang mit Tieren, neue Tierhaltungsfor-men ode
r
die
Tierhaltung allgemein. Als Ansprechpartner kämen unter anderem die
Zoofachhändler und die Tierschutzorganisationen in Frage.
5.5. Die Bereiche der Wild- und Versuchstierhaltung sind bereits heute
rela-tiv detailliert geregelt. Der Wissensstand könnte durch gezielte
Informati-on noch verbessert werden. Auch hier gilt es die
Eigenverantwortung
der Tierhaltenden zu stützen und zusätzlich zu fördern.
5.6. Der Bereich der Tierzucht wird dort, wo er tierschutzrechtlich
relevant
ist, d.h. wo er das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigt, neu in das
Tier-schutzrecht einbezogen. Er soll ebenfalls Gegenstand von
Zielvereinba-rungen u.a. mit den Organisationen der Landwirtschaft und
der
Heimtierzucht sein.
6. Vorgehen, Zeitplan
Mit den Arbeiten zu einer Neuausrichtung des Tierschutzrechts hat das
BVET eine
Arbeitsgruppe unter dem Präsidium von Frau Nationalrätin Christiane
Langenberger-Jaeger beauftragt. Die Arbeitsgruppe setzt sich aus
Vertreterinnen und Vertretern des Schweizerischen Bauernverbandes, des
Schweizer Tier-schutzes, der Vereinigung der Kantonstierärztinnen und
Kantonstierärzte, der Gesellschaft Schweizer Tierärzte, der Fédér
ation
romande
des consommateurs sowie einem Vertreter der Wissenschaft zusammen. Bis
zum 30.
Juni 1998 sollte die Arbeitsgruppe erste Vorschläge für eine Revision
des
Tierschutzgesetzes und die Umsetzung vorlegen können.
Bundesamt für Veterinärwesen
Oktober 1997