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Stossrichtung des Sparprogramms 1998

PRESSEMITTEILUNG

Stossrichtung des Sparprogramms 1998

Der Bundesrat hat Grundsätze und Stossrichtungen des Sparprogramms
1998 beschlossen, das den Bundeshaushalt jährlich um bis zu zwei Mia
entlasten soll. Dabei sollen das Ausgaben-wachstum gebremst und
unfinanzierte Mehrbelastungen verhindert werden. Erforderlich sind
Gesetzesänderungen und Kürzungs-vorgaben, die ab 1999 wirksam werden.
Dabei geht der Bundesrat von optimistischen Annahmen aus (Konjunktur,
Einnahmenvorlagen). Die Departemente müssen nun bis Ende Oktober
abklären, wie sich verschiedene Massnahmen in den einzelnen
Politikbereichen auswirken. Erst nach Auswertung dieser Grundlagen
entscheidet der Bundesrat, welche konkreten Vorschläge er dem
Parlament im Sparprogramm 1998 unterbreiten will.

Die Notwendigkeit des Sparprogramms ergibt sich aus einer nüchternen
Beurteilung der jüngsten finanzpolitischen Entwicklung und der
entsprechenden Perspektiven. Gerade im Bereich der öffentlichen
Finanzen hat die Schweiz in den letzten Jahren erheblich an
Attraktivität eingebüsst. Zu Beginn der neunziger Jahre hatten sich
unsere ausgeglichenen öffentlichen Finanzen noch deutlich von den
hohen Defiziten in den meisten Industriestaaten abgehoben. Ohne
Entlastungen aus dem geplanten Sparprogramm und ohne die vorgesehenen
Finanzierungs-massnahmen bei der AHV/IV sowie der
Arbeitslosenversicherung drohen uns gegen Ende des Jahrzehnts
Ausgabenüberschüsse von rund  drei Prozent des Bruttoinlandprodukts
(BIP).

Schweiz knapp EU-Durchschnitt
Damit würde sich die Schweiz voraussichtlich gerade noch im
europäischen Mittelfeld positionieren. Eine wichtige Rolle spielen bei
dieser Verschlechterung die Finanzlage der Sozialwerke (insbesondere
AHV, IV und AlV), die ohne Gegenmassnahmen immer stärker in die roten
Zahlen geraten. Guter Gradmesser für die Beurteilung der aktuellen
Finanzpolitik ist der Primärsaldo. Bei dieser Kennziffer werden die
Zahlungen für die Schuldzinsen und somit die Folgen der
Schuldenwirtschaft früherer Jahre (= Altlasten) aus der Staatsrechnung
ausgeklammert. Damit entsteht ein aussagekräftiges Bild des aktuellen
finanzpolitischen Gesundheitszustands. Während der Bund in den Jahren
1996-98 jährliche Primärdefizite von 0,4 bis 1,0 Prozent des BIP
aufweist, erzielen die Mitgliedstaaten der EU Primärüberschüsse von
0,3 bis 1,6 Prozent des BIP. Die Folge: Unsere europäischen
Nachbarstaaten weiten ihren finanzpolitischen Spielraum laufend aus.
Der Bund jedoch verliert ohne entschiedene Gegenmassnahmen weiter an
Flexibilität. Nicht zuletzt im Hinblick auf die grossen künftigen
Herausforderungen und Belastungen im Bereiche der Sozialversicherungen
und der Verkehrsinfrastruktur ist eine solche Entwicklung nicht zu
verantworten.

Konjunkturverträglichkeit

Gemäss der Botschaft zum Haushaltsziel 2001 sollen die Defizite
mittelfristig, schrittweise und mit Rücksicht auf die Wirtschaftslage
abgebaut werden. Im Budgetentwurf 1998 hat der Bundesrat deshalb
bewusst auf tiefergreifende Einschnitte in die Aufgabenerfüllung und
auf Notrecht verzichtet. Mit der erwarteten Verfestigung der
wirtschaftlichen Erholung soll indessen ab 1999 das Sparprogramm
wirksam werden. Dies entspricht auch der Empfehlung der OECD in ihrem
neusten Bericht über die Schweizer Wirtschaft. Der Kurs des
Bundesrates ist damit eine Absage sowohl an eine finanzpolitische
Rosskur als auch an eine bedenkenlose Fortführung der Schuldenpolitik.
Er ist berechenbar, schafft Vertrauen und ist wirtschafts- und
sozialverträglich.

Grundsätze des Sparprogramms

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat ein Sparprogramm mit
folgenden Grundsätzen beschlossen:

… Faktor Konzentration
Das Massnahmenpaket konzentriert sich auf wenige Schwerpunkte mit
grossen  Entlastungseffekten. Damit wird die Auseinandersetzung auf
jene Bereiche gelenkt, welche finanzpolitisch am meisten ins Gewicht
fallen. Im Gegensatz zu früheren Sparprogrammen können nicht mehr
willkürlich einzelne Elemente herausgebrochen werden.

… Faktor Wachstum
Im Vordergrund stehen die drei ausgabenstärksten Aufgabengebiete
“Soziale Wohlfahrt³, “Verkehr³ und “Landesverteidigung³. Zusammen mit
den Passivzinsen und Kantonsanteilen entfallen darauf mehr als 70
Prozent des Bundeshaushaltes. Der Sozial- und der Verkehrsbereich
beanspruchen den Löwenanteil des Ausgabenzuwachses. Im Armeebereich
erlauben die konsequente Umsetzung der beschlossenen Reformen, die
stetige Abnahme der jährlich geleisteten Diensttage und die
abschätzbare sicherheitsstrategische Entwicklung (insbesondere
Osterweiterung der NATO) eine weitere Reduktion der eingesetzten
Mittel. Die Ausgabenentwicklung der übrigen grossen Aufgabengebiete
(Bildung und Forschung, Landwirtschaft und Beziehungen zum Ausland)
bewegt sich nahe bei Null. Massnahmen zur Einhaltung der
Finanzplanzahlen werden im weitern in den Bereichen Landwirtschaft und
Asyl erarbeitet.

… Faktor Disziplin
Mit flankierenden Massnmahmen, einer strikten Ausgabendisziplin und
notfalls rechtzeitigen Finanzierungsmassnahmen müssen Mehrbelastungen
gegenüber dem bereinigten Finanzplan verhindert werden. Immerhin
wurden rund drei Fünftel der Haushaltsentlastungen, die mit den drei
letzten Sanierungspro-grammen erzielt wurden, durch nachträgliche
Aufgabenerweiterungen und Kreditaufstockungen zunichte gemacht.
Gewichtige Aufstockungen des bereinigten Finanzplanes drohen vor allem
in den Bereichen Asyl, Landwirtschaft, Bildung und
Grundlagenforschung, Transitverkehr und bei den Personalausgaben.
Diese sollen entweder vermieden, kompensiert oder notfalls finanziert
werden.

… Kontakt mit Kantonen
Die Transferzahlungen an die Kantone (30 Prozent des Bundeshaushalts)
können nicht vollständig von den Sparmassnahmen ausgenommen werden.
Die konkreten Massnahmen sind möglichst frühzeitig mit den Kantonen zu
erörtern und haben dem Neuen Finanzausgleich Rechnung zu tragen. Eine
erste Kontaktnahme mit der Finanzdirektorenkonferenz der Kantone hat
stattgefunden. Die konkreten Vorschläge sollen in einer gemeinsamen
Arbeitsgruppe Bund/Kantone erarbeitet werden.

… Rücksicht auf IDAFiso
Bei den Sozialversicherungen soll den laufenden Arbeiten der
Arbeitsgruppe IDAFiSo 2 Rechnung getragen werden, indem auf einseitige
Entlastungen des Bundes und auf tiefergreifende Systemreformen
verzichtet wird.

… 5 Mia Mehreinnahmen in der Pipeline
Bei den Einnahmen werden die Anstrengungen auf die hängigen Vorlagen
(Mehrwertsteuergesetz, Unternehmenssteuerreform, Finanzierung der
Eisenbahngrossprojekte, Mehrwertsteuerprozent für AHV), auf die
Weiterführung des dritten Lohnprozentes für die AlV sowie auf die
Massnahmen konzentriert, die im Zusammenhang mit der Gefährdung des
Börsenumsatzstempels stehen. Geprüft werden in diesem Zusammenahang
auch die Einführung der Kapitalgewinnsteuer, einer
Bundeserbschaftssteuer und weitere einnahmenseitige Massnahmen.

Grundsätze der Steuerpolitik
Die Steuerpolitik des Bundesrates geht von zwei klaren Grundsätzen
aus:
… In der laufenden Planungsperiode bis 2001 bleiben Steuererhöhungen
beschränkt auf die beantragten Finanzierungsmassnahmen für die AHV/IV
(Mehrwertsteuerprozent) und die Eisenbahngrossprojekte.
… Das bestehende Steuersubstrat muss insgesamt erhalten bleiben.
Zusätzliche Steuererhöhungen wären angesichts der verschärften
Standortkonkurrenz volkswirtschaftlich verfehlt und für die
Haushaltssanierung wenig geeignet. Denn neue Mittel schaffen
erfahrungsmässig neue Begehrlichkeiten. Immerhin steht mit dem
Einnahmenprogramm des Bundesrates für den Bundeshaushalt und die
Sozialwerke - unter Einbezug der Kompensation allfälliger Ausfälle bei
der Umsatzabgabe - ein Volumen von 5 bis 6 Milliarden zur Diskussion.
Ebenso entschieden ist von namhaften zusätzlichen Steuerausfällen
Abstand zu nehmen. Sie vertragen sich schlecht mit gleichzeitigen
Sparbemü-hungen und würden den Haushalt wohl definitiv vom
vorgezeichneten Sanierungs-pfad abdrängen. Der Bundesrat wird deshalb
auch bei den drohenden Ausfällen im Zusammenhang mit der Umsatzabgabe
auf einem vollwertigen, einnahmenseitigen Ersatz beharren.

Abklärungsaufträge an die Departemente

Die Departemente müssen nun bis gegen Ende Oktober ausformulierte,
konkret bezifferte Vorschläge und Varianten zu folgenden
Massnahmenbereichen ausarbeiten (Bei den Sparbeträgen handelt es sich
um grobe Richtwerte):

… Rentenanpassungen AHV / IV: Erstreckung des heute zweijährigen
Anpassungsrhythmus für die Renten bei moderater Teuerung, Änderung des
Rentenindexes über eine höhere Gewichtung des Preisindexes.

… IV / Zunahme der Rentnerzahlen und kollektive Massnahmen (IV-Heime,
geschützte Werkstätten, Sonderschulen etc.):  Prüfung von Massnahmen
zur Reduktion des starken Ausgabenwachstums.
Entlastungsziel für IV mindestens 100 Millionen, für Bundeshaushalt
mindestens 40 Millionen.

… Arbeitslosenversicherung:  Konkrete Entlastungsmassnahmen, die
zusammen mit der befristeten Weiterführung des 3. Lohnprozentes einen
möglichst raschen Abbau der Neuverschuldung ermöglichen.
Entlastungsziel (bezogen auf Arbeitslosenquote von 4,5 % bzw. rund
160.00 Arbeitslose): mindestens 500 Millionen (für AlV-Fonds, exkl.
Weiterführung des 3. Lohnprozentes), wobei in erster Linie andere
Massnahmen als Taggeldkürzungen zu prüfen sind. Als Variante wird auch
eine Erhöhung des beitragspflichtigen Einkommens auf den beiden ersten
Lohnprozenten geprüft.

… Landwirtschaft: Abklärung der für die Einhaltung der
Finanzplanzahlen notwendigen Massnahmen.

… Asylbereich: Erarbeitung der notwendigen Massnahmen für die
Einhaltung der Finanzplanzahlen.

… SBB: Abklärung  von Massnahmen zur Entlastung des Bundeshaushaltes.
Sparpotential:  1999  100 Mio, 2001 200 Mio.
Zudem werden unter Berücksichtigung der Stossrichtung des neuen
Bundespersonalgesetzes Vorschläge für eine weitergehende Flexibilität
der SBB im Personalbereich erarbeitet.

… Militär: Überprüfung der Folgen einer jährlichen nominellen
Reduktion der Militärausgaben um mindestens 2 Prozent (Variante: 3 %)
ab 1999.

… Im Bereich der Kantone prüft eine gemeinsame Arbeitsgruppe Bund /
Kantone insbesondere folgende Varianten:
- Reduktion des Beitragssatzes des Bundes beim öffentlichen
Regionalverkehr (Zielgrösse für Durchschnittsatz 2001: max. 50 %),
wobei allfälligen Härtefällen Rechnung zu tragen wäre.
- Gezielte, dauerhafte Beitragskürzungen bei ausgewählten
Transferzahlungen.
In beiden Varianten ist die Streichung des ausserordentlichen Anteils
an den allgemeinen Strassenbeiträgen miteinzubeziehen.
Entlastungsziel: 1999 mindestens 300 Millionen, 2001 mindestens 500
Millionen.

… Subventionsüberprüfung: Abklärung jener Massnahmen aus dem
Subventionsbericht, die in das Sparprogramm integriert werden sollen.

… Einnahmen: Erstellung einer Gesamtübersicht über den Stand
sämtlicher hängiger Einnahmenvorlagen (Finanzierung der
Eisenbahngrossprojekte, MWST-Prozent für die AHV, befristete
Weiterführung des dritten Lohnprozentes für die
Arbeitslosenversicherung, Kapital- und Beitragsverlagerung von der EO
zur IV, Begrenzung der Einnahmenausfälle beim MWST-Gesetz und der
Unternehmenssteuerreform). Beurteilung der Kompensationsmöglichkeiten
für allfällige Einnahmenausfälle bei den Stempelabgaben und für den
Fall, dass sich die hängigen Einnahmenprojekte nicht oder nur
teilweise realisieren lassen

Die Resultate dieser Abklärungen bilden die Entscheidungsgrundlagen
für den Bundesrat. Dieser wird in Kenntnis dieser Resultate gegen Ende
Jahr definitiv über die Elemente des Sparprogrammes 1998 befinden.
Materielle Entscheide will der Bundesrat noch vor Ende Jahr fällen.
Die Botschaft zum Sparprogramm 1998 dürfte im 1. Quartal des nächsten
Jahres verabschiedet werden, so dass die parlamentarische Beratung in
der Sommer- und Herbstsession 1998 stattfinden könnte.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst
10.9.1997