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Dialog mit der Bevölkerung soll weitergeführt werden


Pressemitteilung

Dialog mit der Bevölkerung soll weitergeführt werden
Abschluss der Vernehmlassung zur Reform der Bundes-verfassung

Bundesrat Arnold Koller hat am Donnerstag, dem letzten Tag der
Vernehmlassungsfrist zu dem im letzten Sommer vorgelegten Ent-wurf für die
Reform der Bundesverfassung, vor dem ch-forum im Schloss Waldegg/Solothurn eine
vorläufige Bilanz des bisherigen Verlaufs der Reformbemühungen, insbesondere
der sogenannten Volksdiskussion, gezogen. Dabei zeigte sich der EJPD-Vorsteher
über die bisher zum Ausdruck gekommene Zustimmung der offiziellen Vernehmlasser
zufrieden und äusserte sich erfreut über das über Erwarten breit ausgefallene
Interesse in der Be-völkerung am Reformprojekt. Es habe in jüngerer Zeit kein
staatliches Projekt gegeben, das auf ein vergleichbares Echo verschiedenster
Kreise der Bevölkerung gestossen sei.

In seiner persönlichen Einschätzung der Lage wies Bundesrat Koller nach einer
vorläufigen Sichtung der bisher eingegangenen Stellungnahmen darauf hin, dass
die vom Bundesrat mit der soge-nannten Volksdiskussion in Ergänzung zu den
offiziellen und institutionellen Vernehmlassern angestrebte Chance für den
staatspolitischen Dialog mit den politisch interessierten Bür-gerinnen und
Bürgern breit genutzt wurde. An zahlreichen Veran-staltungen verschiedenster
Organisationen und Institutionen in der ganzen Schweiz wurde die
Verfassungsreform vorgestellt und diskutiert. Bundesrat Koller engagierte sich
persönlich mit rund 20 öffentlichen Auftritten in der Volksdiskussion.
Ver-schiedene Mitarbeiter des EJPD führten in rund 80 Veranstaltun-gen mit
interessierten Kreisen das Gespräch über die Verfas-sungsreform. Das im
Bundesamt für Justiz eingerichtete Verfassungstelefon wurde rege genutzt. Über
8000 Personen nahmen sich die Mühe, schriftliche Stellungnahmen abzugeben und
äusserten sich, teilweise sogar mit eigenen Verfassungsentwür-fen, deutlich
zustimmend zum Anliegen, die heutige Verfassungs-wirklichkeit in der Sprache
unserer Zeit wiederzugeben. Ebenso grosse Unterstützung fand auch das Konzept,
die Schweiz im Rah-men der Verfassungsreform in einem etappenweisen
Reformprozess mit den Reformpaketen Volksrechte und Justiz auf die
Her-ausforderungen des nächsten Jahrhunderts vorzubereiten.

Bundesrat Koller stellte ohne Vorbehalt fest, dass sich die Volksdiskussion
gelohnt hat. Aus vielen Eingaben spreche ech-ter Bürgersinn. Unter dem
Gesichtspunkt der Auseinandersetzung mit dem Staat und seiner Befindlichkeit
sei es mit der Diskus-sion der Verfassung gelungen, in einem relativ breiten
Ausmass politisch interessierte Bürgerinnen und Bürger anzusprechen, sie zum
Nachdenken, zum Mitdenken und zum Mitreden über das Ge-meinwesen Schweiz
anzuregen: Es ist eine politische Diskussion über die Schweiz von heute und von
morgen in Gang gekommen, die nicht nur für die laufende Verfassungsreform
nützlich und sinn-voll ist, sondern Grundlage sein kann und muss für den
vertief-ten und weiterzuführenden Dialog zwischen Behörden und Volk.

Auch wenn die bisher eingetroffenen Stellungnahmen der offizi-ellen
Vernehmlasser teilweise kontrovers ausgefallen seien, be-deute dies nicht, dass
die Positionen unvereinbar seien. Bun-desrat Koller: Von grosser Bedeutung für
das weitere Vorgehen ist vor allem, dass keine Fundamentalopposition gegen die
Ver-fassungsreform erkenn- und spürbar ist. Ein ernsthafter Abbruch der Uebung
wird bisher von keiner der grossen schweizerischen Organisationen verlangt. Wir
befinden uns am Ende dieser Ver-nehmlassung - sowohl was die Nachführung wie
die Reformbereiche betrifft - nicht blockiert in einer politischen
Patt-Situation zwischen links und rechts, wo eigentlich kein Ausweg aus den
unterschiedlichen Vorstellungen möglich erscheint.  Wohl gebe es umstrittene
Punkte, wie eine adäquate Darstellung der Sozi-alstaatlichkeit oder des
Verhältnisses zwischen Bund und Kanto-nen, aber unüberwindbare Gräben seien
nicht auszumachen. Insbe-sondere bei der Mise à jour der Verfassung erscheine
ein Grundkonsens herstellbar. Dies gelte im Grundsatz auch im Be-reich der
Reform der Volksrechte und der Justiz, wobei klarer-weise einzelne
Reformvorschläge vertiefter Ueberprüfung und po-litischer Auseinandersetzung
bedürften.

Bundesrat Koller wies darauf hin, dass das Vernehmlassungsver-fahren zwar keine
breite Begeisterung der politischen Kreise für das Reformvorhaben geweckt habe,
was angesichts des gewähl-ten realistischen Ansatzes auch nicht erwartet wurde.
Dafür sei aber die Bereitschaft, sich mit der Verfassungsreform zu befas-sen,
deutlich gestiegen: Das Projekt wird ernst genommen und als Chance erkannt.
Zwar lasse sich auch mit einer grundlegen-den Verfassungsreform weder der
Sozialstaat sichern noch die Europafrage lösen, hingegen könne eine
Verfassungsreform die Entscheidungsmechanismen stärken und die
Handlungsfähigkeit des Staates vergrössern: Vor allem aber kann eine
Verfassungsre-form das Land stärker zusammenführen und das Einigende vor das
Trennende stellen. Dies ist letztlich die entscheidende Grund-lage für die
Lösung grundsätzlicher politischer Fragen. Genau dies ist denn auch der Sinn
der laufenden Verfassungsreform.

Im EJPD werden nun die eingegangenen Stellungnahmen im einzel-nen ausgewertet.
Ziel ist es, dass der Bundesrat noch vor den Sommerferien die materiellen
Grundentscheide für die Ausarbei-tung der Botschaft an das Parlament trifft,
damit diese Bot-schaft über die Sommermonate geschrieben werden kann. Ihre
Ver-abschiedung ist für den Spätherbst vorgesehen. Laut Bundesrat Koller wird
aber die Verfassungsdiskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht abbrechen,
sondern fortgeführt und vertieft werden. Deshalb wird die Oeffentlichkeit Ende
Mai über das Er-gebnis der Vernehmlassung und die Beschlüsse des Bundesrates
zum weiteren Vorgehen orientiert. Gleichzeitig wird eine Bro-schüre das
Resultat der Volksdiskussion einer breiteren Oef-fentlichkeit zugänglich
machen. Bundesrat Koller: Es ist unser Anliegen, den Bürgerinnen und Bürgern zu
zeigen, dass ihre Be-teiligung an dieser Diskussion nicht nutzlos war und dass
ihre Vorschläge ernstgenommen werden.

29. Februar 1996

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst