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Ausreisefrist für bosnische Kriegsvertriebene verlängert

Pressemitteilung

Ausreisefrist für bosnische Kriegsvertriebene verlängert

Der Bundesrat kommt auf seinen Entscheid vom April 1996 zurück

Der Bundesrat hat am Mittwoch aufgrund der unbefriedigenden Lage in den
ehemaligen Kriegsgebieten die Ausreisefrist für alleinstehende Erwachsene und
Ehepaare ohne Kinder sowie für vorläufig Aufgenommene bis zum 30. April 1997
verlängert. Für Familien mit Kindern und unbegleitete Minderjährige gilt
weiterhin die Ausreisefrist bis zum 31. August 1997. Spätestens im März 1997
will der Bundesrat die Situation neu beurteilen und über das weitere Vorgehen
entscheiden.

Die Beschlüsse vom 3. April

Am 3. April hob der Bundesrat die für bosnische Staatsangehörige bis anhin
geltenden besonderen Aufenthaltsregelungen teilweise auf und ordnete eine
gestaffelte Rückführung an. Der Beschluss erfolgte vor dem Hintergrund des
Friedensabkommens von Dayton, in Anbetracht der seit dem Friedensschluss
erfolgten Entwicklung in Bosnien Herzegowina und im Einklang mit den
Absichtserklärungen des Uno-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR). Dabei
wurde festgehalten, dass der Bundesrat spätestens in der zweiten Juni-Hälfte
1996 überprüfen werde, ob sich die Situation in Bosnien-Herzegowina
erwartungsgemäss positiv entwickelt habe oder ob das Vorgehen in Wiedererwägung
gezogen werden müsse. Von Bedeutung war auch, dass die bisherigen
Aufenthaltsberechtigungen am 30. April 1996 auslaufen sollten und deshalb eine
Neuordnung nötig wurde. Der Bundesrat kündigte ferner an, dass er in erster
Linie die freiwillige Rückkehr unterstützen werde.

Eine neue Beurteilung der Lage in Bosnien-Herzegowina im Juni hat ergeben, dass
sich die Verhältnisse nicht in der erwarteten Weise entwickelt haben. Die vom
UNHCR in seinem Repatriierungsplan formulierten und von den beteiligten Staaten
an den Konferenzen von Genf (16.1.1996) und Oslo (8.3.1996) akzeptierten
Bedingungen sind nur in militärischer Hinsicht erfüllt, während die Gewährung
der Amnestie und der Schutz der Menschenrechte nicht genügend gewährleistet
sind.

Förderung der freiwilligen Rückkehr

Der Bundesrat will die freiwillige Rückkehr besonders fördern. Basis bildet ein
effizientes und breitgefächertes Informationssystem. In Zusammenarbeit mit dem
Koordinationsbüro der IOM (International Organisation of Migration) in Bern hat
das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) ein Informationsnetz aufgebaut, das alle
kantonalen Betreuungsorgane, die Hilfswerke und die wichtigsten bosnischen
Vereine einschliesst. Zuhanden der Kantone wurde eine Rückkehrberatung auf die
Beine gestellt, welche die Grundlage für ein professionelles
gesamtschweizerisches Beratungsnetz bildet. Überdies können die bosnischen
Staatsangehörigen vorgängig ihrer Heimkehr eine Informationsreise in den
Heimatstaat machen. Schliesslich bietet der Bund neben der bereits am 3. April
beschlossenen individuellen Rückkehrhilfe ein Sonderprogramm für die
Reintegration bosnischer Rückkehrer vor Ort an. Die DEZA (Direktion für
Entwicklung und Zusammenarbeit) und das BFF haben einen Aktionsplan erstellt.
Dieser umfasst einerseits eine Wiedereingliederungshilfe für freiwillige
Rückkehrer und fördert anderseits lokale Strukturen in den Orten und Regionen,
die Rückkehrer aufnehmen. Damit soll einer ungleichen Behandlung von
Rückkehrern und Zurückgebliebenen entgegengewirkt werden.

Die Wiedereingliederungshilfe besteht aus einer zusätzlichen finanziellen Hilfe
von 4000 Franken pro erwachsene Person, 2000 Franken pro Kind sowie für den
Lebensunterhalt 1000 Franken pro Familie bzw. Einzelperson. Sie wird den
Rückkehrern vor Ort und in Tranchen ausbezahlt, wobei Hilfeleistungen im Rahmen
von Hausbau- und Landwirtschaftsprojekten in Abzug gebracht werden können.

Die Förderung lokaler Strukturen kommt nicht nur den Rückkehrenden, sondern
auch der ansässigen Bevölkerung zugute und umfasst Programme zur
Wiederherstellung des Wohnraumes, der Infrastrukturen (Schulen,
Gesundheitswesen, Wasserversorgung) und der Wirtschaft sowie Massnahmen zur
Verbesserung der Rechtssicherheit. Die entsprechenden Kredite werden mit der
Rückkehr der Flüchtlinge frei und stehen zur Verfügung von entsprechenden
Projekten schweizerischer und lokaler Hilfswerke, internationaler
Organisationen und der DEZA.

Im Einklang mit der Staatengemeinschaft

Der Entscheid des Bundesrates steht im Einklang mit der internationalen
Staatengemeinschaft. Die meisten direkt betroffenen Aufnahmeländer - namentlich
Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande - haben sich ebenfalls
bereit erklärt, in diesem Jahr auf Zwangsrückführungen zu verzichten. Die
Bundesrepublik Deutschland hat anfangs Juni beschlossen, den Beginn der
Rückführungen vorerst auf den 1. Oktober 1996 zu verschieben.

26. Juni 1996

EIDGENÖSSISCHES
JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT
Informations- und Pressedienst

Für weitere Auskünfte: Anton Jöhr, BFF, Tel. 325 93 22
Stefan Kaspar, DEZA, Tel. 322 35 59