Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Gedanken zum Kriegsende vor 50 Jahren

Keywords: Rede, Bundespräsident Kaspar Villiger,
Kriegsende, 50 Jahre, Sondersession, 7. Mai 1995
(Ti) Gedanken zum Kriegsende vor 50 Jahren

(Ld) Bundespräsident Kaspar Villiger vor den
Eidgenössischen Räten

(Tx) Unser Land blieb vom Zweiten Weltkrieg verschont.
Das ist Grund zur Dankbarkeit. Andere Völker haben
Europa befreit, haben die europäische Kultur gerettet,
auch uns eine Zukunft in Freiheit ermöglicht. Das ist
Grund zur Bescheidenheit. Unser Land hat in höchst
bedrohter Lage zur Erhaltung seiner Unabhängigkeit,
seiner Werte und seiner Unversehrtheit das
Menschenmögliche geleistet. Das ist Grund zum Respekt
vor der Leistung jener Generation. Auch unser Volk
musste Opfer bringen, aber ungleich weniger als jene
Völker, welche in den Krieg verwickelt wurden. Das ist
Grund zur Zurückhaltung. Und auch die Schweiz hat nicht
durchwegs so gehandelt, wie es ihren Idealen
entsprochen hätte. Das ist Grund zur Nachdenklichkeit.
	Dankbarkeit, Bescheidenheit, Respekt,
Zurückhaltung, Nachdenklichkeit: Diese Werte sollen die
heutige Gedenkfeier prägen. Es geht weder um falsche
Glorifizierung noch um Selbstanklage, weder um
Heldenkult noch Schuldzuweisungen.
	Wir wollen uns erinnern an die Millionen, die als
Soldaten fielen oder als unschuldige Zivilisten im
Bombenhagel umkamen. Wir wollen uns erinnern an die
Millionen Juden, Entrechteten, Behinderten und politisch
Verfolgten, die von den Nationalsozialisten misshandelt
und ermordet wurden. Es ist wichtig, dass wir niemals
vergessen, was damals geschah. Denn es gilt, Lehren zu
ziehen, damit Vergleichbares nicht mehr geschehen
kann.
Die Machtentfaltung
Der Aufstieg und die Machtentfaltung des
Nationalsozialismus in Deutschland sind letztlich rational
nicht begreifbar. Noch immer erfasst uns das Grauen
darüber, zu was Menschen unter besonderen Umständen
fähig sind. Im wirtschaftlich und politisch zerrütteten
Deutschland, das sich nach Versailles auch gedemütigt
fühlte, fand eine rassistische Führer- und Machtideologie
einen fruchtbaren Nährboden, eine Ideologie, welche
Wohlstand, Macht und Selbstbewusstsein versprach und
welche mit ungeheuerlichen Rassismustheorien erst noch
die Sündenböcke für alles Ungemach bezeichnete.
	Die Anfangsleistungen des neuen Machtstaates
beeindruckten und blendeten die Massen. Die
Arbeitslosigkeit verschwand, Ruhe und Ordnung wurden
erzwungen. Nach Kriegsbeginn wurde Land um Land von
einer hochmodernen Militärmaschinerie unterworfen.
Aber die Menschheit hatte dafür einen grauenhaften Preis
zu entrichten. Niemand, weder in Deutschland selber
noch später in der internationalen Politik, trat den
schrecklichen Entwicklungen früh genug mit dem nötigen
Nachdruck entgegen. Als unausweichlich wurde, dass
man Hitler mit dem Einsatz aller Kräfte entgegentreten
musste, leisteten die Alliierten einen mehrjährigen
Kraftakt zur Zerschlagung des Diktators. Es war ein
totaler Einsatz für Humanität, Freiheit, Demokratie und
Kultur. Wir wollen dafür dankbar sein.

Die Bedrohung
Die Schweiz wurde durch die Achsenmächte in
mehrfacher Hinsicht bedroht. Der totalitäre
Staatsgedanke widersprach diametral unseren
demokratischen und humanitären Idealen.
Rassenideologie und Volkstumsgedanke waren mit der
Grundidee des mehrsprachigen und multikulturellen
Kleinstaats unvereinbar. Die gewaltige Militärmacht
wurde zur direkten und zeitweise sehr konkreten
militärischen Bedrohung. Gleichzeitig wurde die Schweiz
wirtschaftlich von Deutschland abhängig. Nach dem Sieg
Deutschlands im Westen und dem Kriegseintritt Italiens
waren wir von einer einzigen Kriegspartei
eingeschlossen. Deutschland wurde zur
Hegemonialmacht Europas. Alle unsere
aussenwirtschaftlichen Verbindungen liefen durch ein
scharf kontrolliertes Gebiet. Das Ueberleben des
Kleinstaates Schweiz war nur möglich durch eine
punktuelle Zusammenarbeit mit dem potentiellen Feind
und durch umsichtiges, manchmal wohl zu umsichtiges
Vermeiden von Provokationen.

Der Widerstand
Die Ziele der schweizerischen Politik in diesen Jahren
lagen auf der Hand: Wirtschaftliches Ueberleben,
Verschontwerden vor Krieg durch bewaffnete Neutralität,
Bewahrung von Demokratie und Rechtsstaat, Resistenz
gegen die zersetzende Ideologie. Gemessen an diesen
Zielen war diese Politik erfolgreich. Mit der
Anbauschlacht wurde die Ernährung der Bevölkerung
gesichert.   Die schwierigen Verhandlungen mit dem
übermächtigen Nachbarn wurden so hart wie möglich
geführt und ermöglichten lebensnotwendige Einfuhren.
Die Neutralität konnte trotz unvermeidbaren zeitweiligen
Abstrichen einigermassen durchgehalten werden.
Deutschland hatte Respekt vor unserem befestigten
Gelände, in welchem sich eine verteidigungswillige
Armee unter General Guisan zum Abwehrkampf
eingerichtet hatte. Für die Verteidigung schlecht
vorbereitete neutrale Länder wie Dänemark und
Norwegen wurden gnadenlos überfallen, obwohl sie
strategisch für Deutschland nicht von erstrangiger
Bedeutung waren. Für einen Angriff auf die Schweiz
hingegen wäre der Eintritts- und Präsenzpreis hoch
gewesen. Die Annahme, auch eine Schweiz ohne
glaubwürdige Armee wäre verschont geblieben, ist naiv.
Unsere Verteidigungsbereitschaft war eine notwendige,
aber wohl nicht hinreichende Bedingung. Das Ueberleben
der Schweiz wurde also möglich durch eine Vielzahl von
militärischen und nichtmilitärischen Massnahmen, durch
ein innen-, aussen-, wirtschafts- und militärpolitisches
Abwehrdispositiv, durch eine komplexe Mischung von
Anpassung und Widerstand.
	Das Ueberleben der Schweiz hatte eine über das
Land hinausweisende Bedeutung. Unsere Demokratie
blieb ein unangenehmer Stachel im unterworfenen
Europa, der letzte Stützpunkt politischer Freiheit. Die
Schweiz wurde durch ihre sogenannte
Schutzmachttätigkeit so etwas wie eine Weltagentur zur
Interessenwahrung von mehr als 40 Staaten. Es war dies
eine einzigartige Leistung im Dienste der
Völkergemeinschaft.
	Die grosse Mehrheit des Volkes erwies sich als
politisch immun gegen die Verlockungen der neuen
Ideologie. Mit jedem neuen Schock, den Hitler
verursachte, rückte das Volk noch enger zusammen. Die
geistig-moralische Widerstandsfähigkeit der
eingeschlossenen Schweiz gegen totalitäre
Versuchungen im eigenen Land war und ist eine
grossartige kollektive Leistung unseres Volkes. Sie wird
durch eine kleine fröntlerische Minderheit, die anders
dachte, nicht in Frage gestellt. Unter dem damaligen
Druck entstand jene eindrückliche politische
Gemeinschaftsleistung bürgerlicher und linker Kräfte, aus
der heraus eine neue Kultur der politischen
Verständigung erwuchs. Es ist die Konkordanz, welche
noch heute trotz Anfechtungen eine wichtige
integrierende Wirkung entfaltet.

Die Konzessionen
Natürlich machte die Schweiz Konzessionen. Wie anders
hätte sie überleben sollen? Bis etwa 1940 lieferte die
Schweiz Kriegsmaterial fast ausschliesslich an England
und Frankreich. Nach den Siegen Hitlers musste
Deutschland mit Kriegsmaterial beliefert werden. Bekannt
ist auch, dass die Schweiz Deutschland im Lauf des
Krieges hohe Kredite zu gewähren hatte. Weniger
bekannt ist, dass den Alliierten Kredite in ähnlicher Höhe
gewährt worden sind. Es ging darum, den Zugang zu
Beschaffungs- und Absatzmärkten zu erhalten, ohne eine
Kriegspartei einseitig zu bevorzugen oder zu
benachteiligen. Ohne Konzessionen gegenüber den
Achsenmächten war das nicht möglich. Das gilt
unabhängig davon, ob jede einzelne Konzession wirklich
"nötig" gewesen wäre. Die Sorge unserer
Wirtschaftsdiplomatie war stets nur Sicherstellung der
Versorgung, nie die geldgierige Kollaboration.
	Im Innern wurden aufgrund des äusseren Drucks
Einschränkungen erlassen: Obwohl die Meinungsfreiheit
nach wie vor ein Pfeiler unseres
Demokratieverständnisses blieb, versuchte man mit einer
Pressezensur die Medien zu domestizieren, um
Deutschland nicht zu reizen. Dass die Schweizer Presse
trotzdem kein Blatt vor den Mund nahm, gereicht ihr zur
Ehre.
Man mag diese Konzessionen kritisieren. Aber man
möge sich dabei vor Augen halten, dass eine existentielle
Bedrohung und eine dauernde Unsicherheit über das
künftige Schicksal das Bewusstsein jener Zeit prägten.
Und auch die Kritiker müssen die Antwort auf die Frage
letztlich schuldig bleiben, ob und wie die Schweiz auf
andere Art hätte überleben können.
	Wer 50 Jahre später, nachdem er den Verlauf der
Geschichte kennt, das Handeln der damals
Verantwortlichen kritisch bewertet, muss sich vor
Besserwisserei, Selbstgerechtigkeit und Ueberheblichkeit
hüten. Glorifizierung ist nicht am Platz. Aber
Verdammung aus sicherer Warte ist ebenso
unangebracht.

Die Gratwanderung
Trotz allem Verständnis für die schwierigen Umstände
dürfen wir die Augen vor der Tatsache nicht
verschliessen, dass auch die Schweiz Schuld auf sich
geladen hat. Man mag sich die Frage stellen, ob man
nicht da und dort etwas gar beflissen dem schrecklichen
Nachbarn wohlgefällig sein wollte.
	Niemand weiss heute aber, wie er selber gehandelt
hätte, wenn er damit rechnen musste, dass sein Handeln
die Schweiz in den Untergang hätte treiben können.   Der
Grat zwischen Staatsraison und Hochhalten der eigenen
Werte war oftmals schmal. Niemand weiss auch, wie die
Geschichte verlaufen wäre, wenn anders gehandelt
worden wäre. Es gab das Grossartige, Mutige,
Eindrückliche so gut wie das Kleinmütige, Hartherzige,
Anpasserische, und es gab viel dazwischen. Das alles
dürfen wir aus unserem Geschichtsbild nicht verdrängen.
Aber insgesamt überwog ganz entschieden die positive
Leistung einer Generation, der wir zu Dank verpflichtet
sind.

Die Schatten
Ich will aber nicht verhehlen, dass es einen Bereich gab,
der sich aus heutiger Sicht der Rechtfertigung durch
irgendwelche "äusseren Umstände" entzieht. Es geht um
jene vielen Juden, denen durch die Zurückweisung an
der Schweizer Grenze der sichere Tod wartete. War das
Boot wirklich voll? Hätte der Schweiz der Untergang
gedroht, wenn sie sich deutlich stärker für Verfolgte
geöffnet hätte, als sie dies getan hat? Haben auch bei
dieser Frage antisemitische Gefühle in unserem Land
mitgespielt? Haben wir den Verfolgten und Entrechteten
gegenüber immer das Menschenmögliche getan?
	Es steht für mich ausser Zweifel, dass wir mit
unserer Politik gegenüber den verfolgten Juden Schuld
auf uns geladen haben. Die Angst vor Deutschland, die
Furcht vor Ueberfremdung durch Massenimmigration und
die Sorge um politischen Auftrieb für einen auch
hierzulande existierenden Antisemitismus wogen
manchmal stärker als unsere Asyltradition, als unsere
humanitären Ideale. Schwierige Zielkonflikte wurden auch
überängstlich zu Lasten der Humanität gelöst. Mit der
Einführung des sogenannten Judenstempels kam
Deutschland einem Anliegen der Schweiz entgegen.
Dieser Stempel wurde im Oktober 1938 von der Schweiz
gebilligt. Wir haben damals im allzu eng verstandenen
Landesinteresse eine falsche Wahl getroffen.
	Der Bundesrat bedauert das zutiefst, und er
entschuldigt sich dafür, im Wissen darum, dass solches
Versagen letztlich unentschuldbar ist.
	Wohl alle, die damals Verantwortung für unser
Land trugen, richteten ihr Handeln nur nach dem Wohl
des Landes aus, wie sie es empfanden und sahen. Sie
heute an den Pranger zu stellen, wäre ungerecht, wäre
wohl auch selbstgerecht. Wir wollen uns deshalb nicht
zum Richter aufschwingen.
	Wir können uns nur still verneigen vor jenen, die
unseretwegen Leid und Gefangenschaft erlitten oder gar
den Tod fanden, können uns auch verneigen vor ihren
Angehörigen und Nachkommen.
	Ich weiss, dass man all das nicht einfach mit
positiven Leistungen verrechnen kann. Wenn ich
trotzdem erwähne, dass die Schweiz für kürzere oder
längere Zeit annähernd 300'000 schutzsuchende
Ausländer beherbergte, also auch Leben in grosser Zahl
retten half, so ist das ganz einfach auch Teil der
geschichtlichen Wahrheit. Deshalb will ich auch nicht
unterschlagen, dass es viele Schweizerinnen und
Schweizer gab, die unter bewusster Inkaufnahme
persönlicher Konsequenzen Tausende von jüdischen
Flüchtlingen retten halfen. Einige von ihnen wurden dafür
sogar bestraft. Sie orientierten sich an ethischen Werten,
die später Grundlage des internationalen und des
schweizerischen Rechts im Asylbereich geworden sind.
Wir können Jahre danach Urteile, die aus heutiger Sicht
unverständlich scheinen, nicht mehr korrigieren. Aber wir
können den Betroffenen jene moralische Anerkennung
verschaffen, die ihnen gebührt. Wir können froh und
dankbar sein, dass es solch mutige Menschen damals
gegeben hat.

Die Lehren
Die Geschichte wiederholt sich nicht. Deshalb kann es
fragwürdig sein, Lehren aus einer besonderen
geschichtlichen Situation zu ziehen. Lassen Sie mich
trotzdem den Versuch wagen!
	Die bipolare Ordnung nach dem Krieg hat die Welt
gespalten. Teile Europas und Asiens wurden dem Joch
diktatorialer Hegemonie unterworfen. Befreier wurden zu
Unterdrückern. Wiederum brachte eine aggressive
Ideologie Leid in einen Teil der Welt. Das war der falsche
Weg. Aber selbst wenn der Sowjetkommunismus nun
glücklicherweise kläglich in sich zusammenfiel, werden
die Schockwellen seines Zerfalls der Welt noch lange
grosse Probleme aufgeben.
	Die Hoffnung nach dem Krieg ruhte auf einem
andern Weg, jenem der internationalen Zusammenarbeit
und der europäischen Integration. An der Wiege der
europäischen Integration stand nicht primär eine
wirtschaftliche, sondern eine sicherheitspolitische Idee.
Durch ein wirtschaftliches und politisches
Zusammenwachsen der ehemals verfeindeten Völker
wollte man ein für allemal verhindern, dass sich ein
gleiches Unheil nochmals wiederholen kann.
	Heute, nach fünfzig Jahren, lässt sich feststellen,
dass diese Idee beispiellos erfolgreich war. Und zwar
nicht nur für die direkt beteiligten Staaten, die Frieden,
Freiheit, Demokratie und Wohlstand erreichten, sondern
auch für die Stabilität des ganzen Kontinents. Es ist nicht
auszudenken, zu was die gegenwärtigen Balkanwirren
hätten führen können, wenn die grossen Länder Europas
noch nationale Mächte im alten Sinne gewesen wären.
Die Erfahrung der europäischen Integration zeigt, dass
Demokratie, Wohlstand, soziale Gerechtigkeit und
Achtung der Menschenrechte Garanten für Frieden und
Stabilität sind, dass sie die Völker auch gegen
ideologische Verführungen immunisieren.
	Zur Durchsetzung dieser Werte sind noch grosse
Anstrengungen zu leisten. Diese Anstrengungen werden
nicht immer von Erfolg gekrönt sein. Aber die
unerträgliche Tatsache, dass auch heute täglich zahllose
Menschen in vielen Konflikten sterben, dass auch heute
täglich Menschen misshandelt und ermordet werden -
diese Tatsache belegt, dass es zu diesen Anstrengungen
keine Alternative gibt.
	Auch unserem Land ist die Aufgabe gestellt, zum
Durchbruch dieser Werte beizutragen. Wir sind dazu
geradezu prädestiniert. Unsere Willensnation beruht ja
gerade auf identitätsbildenden Werten wie Demokratie,
Achtung von Minderheiten und der Einbindung des
Volkes in die politische Verantwortung. Wie immer wir
unser Verhältnis etwa zur Europäischen Union oder zur
UNO politisch gestalten werden, eines ist sicher: Das
Verschontsein vom Krieg auferlegt uns die besondere
moralische Verpflichtung, unseren Beitrag dazu zu
leisten, dass nicht mehr geschehen kann, was im Umfeld
des Zweiten Weltkriegs geschehen ist. Auch wir sind
gefordert. Das gebietet sowohl die Solidarität mit Europa
und der Welt, als auch unser nationales Eigeninteresse.
	Die Erfahrung dieses Jahrhunderts zeigt noch ein
weiteres: Dass zur Stabilität beiträgt, wer sein eigenes
Haus in Ordnung hält und niemandem zur Last fällt. Dazu
gehört auch eine angemessene
Verteidigungsbereitschaft. Friede und Stabilität sind
Güter, die nicht einfach gegeben sind, sondern die
sorgfältig gepflegt und erhalten werden müssen. Das
erfordert auch Anstrengungen bei sich selbst.
	Und weiter zeigt die Geschichte, dass
ideologischen, rassistischen und machtpolitischen
Fehlentwicklungen von Anfang an mutig und entschieden
entgegengetreten werden muss. Wer vor solchen
Fehlentwicklungen die Augen schliesst und zuwartet,
betreibt das Geschäft des Unrechts und provoziert die
Katastrophe. Diese Mahnung immer in Erinnerung zu
behalten, ist die Verpflichtung, die uns die heutige
Gedenkfeier auferlegt.
	Und schliesslich ein letztes: Weimar hat gezeigt,
dass auch eine Demokratie nicht gesichert ist, wenn der
Konsens über die grundlegenden gesellschaftlichen
Werte verloren geht. Eine Demokratie bedarf der
ständigen, sorgsamen Pflege, des Dialogs statt der
gehässigen Feindschaft, der Offenheit für das
Gemeinwohl statt der egoistischen Verabsolutierung von
Eigeninteressen. Und Demokratie funktioniert nur, wenn
die vom Volk gewollten und legitimierten Institutionen
geachtet werden.

Der Dank
Zum Schluss möchte ich danken.
Zuerst haben wir jenen Menschen und Völkern zu
danken, die für den Frieden gekämpft haben und mit
ihrem Leben für ein freies und demokratisches Europa
eingestanden sind.
	Und zweitens müssen wir jenen Frauen und
Männern danken, die in unserem Land, in Zivil oder in
Uniform, am Arbeitsplatz, in der Familie oder an der
Grenze, in schwieriger Zeit viel für unser Land und seine
Zukunft geleistet haben. In einer Zeit der grössten Gefahr
wurden sie zusammengeschweisst, durch den Willen zur
Gemeinschaft. Auch das sollte uns in einer ganz anderen
Zeit mit ganz anderen Problemen Vorbild sein!

Zeit mit